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US-Studie: Traditionelle Männer verdienen mehr  
  Männer, die Frauen gerne zu Hause bei Kindern und Haushalt sehen, verdienen deutlich mehr als Geschlechtsgenossen mit einem Hang zu mehr Gleichberechtigung. Eine US-Studie kam auf 8.500 US-Dollar (rund 6.000 Euro) Mehrverdienst im Jahr, den traditionelle Männer verbuchen können.  
Die Wirtschaftswissenschaftler Timothy Judge und Beth Livingston von der Universität Florida haben möglicherweise verzerrende Faktoren wie etwa Komplexität des Jobs, Überstunden und Ausbildung berücksichtigt.
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Die Studie "Is the Gap More Than Gender? A Longitudinal Analysis of Gender, Gender Role Orientation, and Earnings" erscheint im "Journal of Applied Psychology" (Band 93, Nr. 5. S. 994-1012, DOI: 10.1037/0021-9010.93.5.994).
->   "Journal of Applied Psychology"
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Knapp 13.000 Menschen befragt
Judge und Livingston haben die Daten einer repräsentativen Studie ausgewertet, in deren Rahmen insgesamt 12.686 Menschen zwischen 1979 und 2005 viermal interviewt wurden.

Jedes Mal wurden sie befragt, welche Rollen Frauen und Männer zu Hause und am Arbeitsplatz hätten (z.B. ob sie glaubten, dass arbeitende Mütter etwas mit steigender Jugendkriminalität zu tun hätten, ob Frauen eher zu Hause bleiben und Männer "in der Welt da draußen" bestehen sollten etc.).

Gleichzeitig machten die Männer und Frauen auch Angaben zu ihrem Einkommen, ihrer Ausbildung, den Umständen ihrer Arbeit (z.B. viele Überstunden) und ihrem Familienstand.
Deutlicher Effekt nur bei Männern
Das Ergebnis: Zwar verdienen Männer durch die Bank mehr als Frauen, besonders gut hinsichtlich ihres Einkommens schnitten aber jene Männer ab, die ein traditionelles Rollenverständnis an den Tag legten. Sie verdienten gleich um 8.500 US-Dollar mehr als ihre liberaleren Geschlechtsgenossen.

Bei den Frauen hingegen hatte das Rollenverständnis keinen so großen Einfluss: Obwohl man annehmen würde, dass konservative Frauen weniger verdienen, weil sie den Mittelpunkt ihren Lebens in der Familie sehen, flossen "nur" 1.500 US-Dollar weniger auf ihr Konto als bei Frauen, die ihre Berufstätigkeit schätzen.
Streitbare Thesen
Bei der Erklärung dieser messbaren Phänomene formulieren die Forscher durchaus streitbare Thesen: Erstens würden bei beiden Geschlechtern "selbsterfüllende Prophezeiungen" schlagend. Traditionelle Männer sehen sich als Brotverdiener und agieren dementsprechend selbstbewusst am Arbeitsplatz. Konservative Frauen hingegen verstehen sich als bestensfalls "zweite Liga" und schrauben damit den Wert sowohl ihrer Arbeit als auch der Leistung von Frauen generell herab.

Und auch die Arbeitsumgebung dürfe nicht vergessen werden, so Judge und Livingston. Vorgesetzte waren und sind mehrheitlich Männer, vielen von ihnen haben für die Karriere die Familie zurückgestellt. Sie würden bei Jüngeren unwillkürlich dieselbe Einstellung belohnen, heißt es in der Studie.
Wichtiges Bildungssystem
Als Schlussfolgerung richten die Forscher einen Appell an das Bildungswesen: An ihm liege es, der Bildung von stereotypen Rollen entgegenzuarbeiten und damit - in weiterer Konsequenz - ein Auseinandergehen der Lohnschere zwischen Männern und Frauen zu verhindern.

[science.ORF.at, 22.9.08]
->   Timothy Judge
->   Beth Livingston
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01.01.2010