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Auch Wespen haben soziales Langzeitgedächtnis  
  Obwohl das Gehirn von Feldwespen nicht besonders groß ist, haben sie laut einer aktuellen Studie offenbar ein ganz gutes Gedächtnis. Demnach merken sie sich das Gesicht eines Artgenossen für mindestens eine Woche, auch wenn sie dazwischen vielen anderen begegnet sind.  
Die Experimente der US-amerikanischen Forscher haben jedenfalls gezeigt, dass sich die Tiere tatsächlich an das konkrete Individuum erinnern können.
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Die Studie "Robust log-term social memories in a paperwasp" von Michael J. Sheehan und Elizabeth A. Tibbets ist in der aktuellen Ausgabe von "Current Biology" (Bd. 18, 23.Dezember 2008) erschienen.
->   "Current Biology"
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Begrenztes Erinnerungsvermögen
Die Merkfähigkeit von Insekten ist wohl eher begrenzt, so die gängige Annahme, wenn auch bekannt ist, dass manche Insekten eine Art von Gedächtnis haben. Bienen können sich etwa merken, wo sie Nektar gefunden haben, haben aber einen maximalen Speicherplatz von nur zwei Orten.

Aber laut den Studienautoren Michael Sheehan und Elizabeth Tibbets vom Department of Ecology and Evolutionary Biology der University of Michigan gibt es zumindest eine Insektenart, deren Fähigkeiten weiterreichen, nämlich die der Feldwespe Polistes fuscatus.
Aggressiv gegenüber Unbekannten
Tibbet forscht schon länger an dem Insekt und hat dabei schon ganz erstaunliche Dinge herausgefunden. Die Tiere können etwa ihre Artgenossen anhand ihrer Gesichter erkennen, die unterschiedlich gemustert sind. Gegenüber weniger vertrauten Kollegen agieren sie deutlich aggressiver.

Mit dem aktuellen Experiment haben die Forscher nun untersucht, von welcher Dauer die Erinnerungen der Wespen sind. Dafür testeten sie, ob sich die Tiere gegenüber Artgenossen, die sie schon vor längerer Zeit einmal getroffen haben, weniger angriffslustig verhalten als gegenüber Unbekannten.
Wespen erkannten sich wieder
Im Rahmen der Experimente trafen sich 50 Wespenköniginnen in vier verschiedenen Begegnungen über einen Zeitraum von acht Tagen. Am ersten Tag wurden jeweils zwei einander unbekannte Wespen gemeinsam in einem Beobachtungsraum platziert. Ihre Interaktion wurde per Video aufgezeichnet.

Dann wurde das Paar getrennt und jede Wespe in einen Gemeinschaftskorb mit zehn anderen gesteckt. Ein Woche später sahen sich die zwei wieder.

Bei der Analyse der Videoaufnahmen bewerteten die Wissenschaftler den Grad der Aggressivität auf einer Skala von Null bis Vier. Alle Paarungen behandelten einander beim zweiten Treffen besser, was darauf hindeutet, dass sie sich wiedererkannten.
Gegenüber Fremden gleichbleibend aggressiv
Um sicher zu gehen, dass die Verhaltensänderung wirklich eine Folge der Erinnerungen ist, also etwa nicht auf eine generelle Besänftigung der Tiere zurückzuführen ist, machten die Forscher rund um Sheehan die Gegenprobe.

Jede Wespe traf einen Tag vor und nach dem Wiedersehen auch auf einen ihr unbekannten Artgenossen. Wie erwartet verhielten sich die Insekten diesem gegenüber so aggressiv wie gegenüber einem Fremden.
Bekanntschaft sorgt für Harmonie
Interessant dabei ist laut den Forschern nicht nur die Tatsache, dass die Feldwespen so ein gutes Langzeitgedächtnis haben, sondern auch dass es sich dabei um soziale Erinnerungen handelt.

Es müsse also eine wichtige Rolle spielen, dass sich die Tiere ihre individuellen Sozialkontakte merken. Die Erklärung der Forscher: Polistes fuscatus-Weibchen teilen oft ihr Nest. Wenn sie wissen mit wem sie bekannt sind, müssen sie nicht soviel Energien in immer neue Kämpfe stecken. Das macht das Leben im Nest harmonischer.

Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse laut den Forschern, dass höhere kognitive Leistungen schon mit sehr kleinen Gehirnen möglich sind.

[science.ORF.at, 23.9.08]
->   Feldwespe (Wikipedia)
->   Michael Sheehan
->   Elizabeth Tibbets
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Parasiten: Wespe macht Wirt zu ihrem Leibwächter (4.6.08)
->   Wespen machen aus Kakerlaken "Zombies" (30.11.07)
->   Lügner haben ein schweres Leben (11.11.04)
 
 
 
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01.01.2010