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Historiker: 25.000 Luftkriegstote in Dresden  
  Bei den Luftangriffen auf Dresden im Februar 1945 sind nach neuesten Erkenntnissen maximal 25.000 Menschen ums Leben gekommen. Das gab eine Kommission auf dem Deutschen Historikertag bekannt.  
Streit um Zahlen
Bisher konnten rund 18.000 Todesopfer nachgewiesen werden. Allerdings gibt es noch widersprüchliche Angaben in Friedhofsakten. Die Größenordnung von 25.000 Opfern ist nicht neu. Im Allgemeinen war ihre Zahl in den vergangenen Jahren aber auf 35.000 geschätzt worden. Rechtsextreme bezifferten das Ausmaß sogar auf 250.000 Tote und mehr, um damit ein alliiertes Kriegsverbrechen zu dokumentieren.

Der Zahlen-Streit hatte die Stadt 2004 bewogen, eine Kommission einzuberufen. Seitdem gingen 13 Wissenschaftler verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit den Angriffen britischer und amerikanischer Bomber nach. "Der Namen Dresden wird immer verbunden bleiben mit einer der schlimmsten Katastrophen des Zweiten Weltkrieges", sagte der Potsdamer Militärhistoriker Rolf-Dieter Müller.

"Irrsinnige Zahlenspekulationen" würden aber das "Denken über Dresden hinaus" blockieren. Der Professor erinnerte an weitere Luftangriffe, darunter auf Hamburg mit 40.000 Toten und Tokio mit rund 100.000 Opfern. "Es gibt eine große internationale Opfergemeinschaft."
"Mythologisierung der Zerstörung Dresdens"
Die Kommission verwies darauf, dass auch die Behörden in Dresden im März 1945 von etwa 25.000 Opfern ausgingen. Konträr zu den lokalen Statistiken habe die nationalsozialistische Propaganda bereits wenige Tage nach den Angriffen in ihrer Auslandsarbeit höhere Zahlen genannt.

"Im März 1945 wies schließlich das Auswärtige Amt die deutschen Gesandtschaften im neutralen Ausland an, Opferzahlen von bis zu 200.000 Toten zu verwenden", heißt es im Zwischenbericht der Kommission. Als zentraler Bestandteil einer "weiterreichenden Mythologisierung der Zerstörung Dresdens" seien die Zahlen später unablässig weiterverwendet worden.
Keine Hinweise auf Beschuss von Zivilisten
Die Historiker gingen auch der Frage nach, ob damals Tiefflieger die Einwohner gezielt unter Beschuss nahmen. Dazu wurden Angaben von 270 Zeugen geprüft und oft genannte Schauplätze nach Munition untersucht.

Man fand aber "keine schlüssigen Belege für systematischen Bordwaffenbeschuss". Möglicherweise seien Luftkämpfe über Dresden als Tieffliegerangriffe wahrgenommen worden, hieß es. Der entsprechende Abschlussbericht soll 2009 vorlegen.

[science.ORF.at/dpa, 1.10.08]
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01.01.2010