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Wiener Forscher klären Rätsel um Stammzellen  
  Aus Stammzellen entwickeln sich bei der Entwicklung von Organismen unterschiedliche Zelltypen. Wie die dafür nötige asymmetrische Zellteilung funktioniert, haben nun Forscher in Wien geklärt.  
Die Erkenntnisse einer Gruppe des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) um den Deutschen Jürgen Knoblich sind auch für das Verständnis der Krebsentstehung relevant.
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Die entsprechende Studie "Linking Cell Cycle to Asymmetric Division: Aurora A Phosphorylates the Par Complex to Regulate Numb Localization" ist in "Cell" erschienen (Bd. 135, S. 161; 3.10.08).
->   Abstract der Studie
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Der Spagat von Stammzellen
Ohne Stammzellen würde ein vielzelliger Organismus binnen kurzem zugrunde gehen, bzw. er könnte sich erst gar nicht entwickeln. Stammzellen sind das Reservoir, aus dem im Lauf der Embryonal-Entwicklung die unterschiedlichsten Zell- und Gewebetypen eines Organismus hervorgehen. Auch im Erwachsenenleben wird die Zellerneuerung über Stammzellen abgewickelt, das gleiche gilt für die Heilung von Verletzungen.

Die Frage war, wie eine Stammzelle den Spagat schafft, sich bei der Teilung in zwei höchst unterschiedliche Tochterzellen zu entwickeln. Eine davon muss weiterhin eine zu mehr oder weniger unendlichen Teilungen befähigte Stammzellen bleiben, damit das Reservoir nicht ausstirbt.

Die andere Tochterzelle muss sich dagegen zu einer Spezialzelle entwickeln, die dann ihre jeweilige Aufgabe erfüllt, nach Ende ihrer vorprogrammierten Lebenszeit abstirbt und ersetzt wird.
Ein Schlüsselprotein
Bisher war bekannt, dass der asymmetrischen Teilung meist eine Verschiebung von Proteinen (Eiweißstoffen) innerhalb der Zelle voraus geht. Dabei erbt eine der Tochterzellen diese Proteine zur Gänze, die andere hingegen leer ausgeht - ein Prinzip, das bereits vor 15 Jahren entdeckt worden ist.

In Untersuchungen an Taufliegen (Drosophila) fand sich das Schlüsselprotein "Numb" immer nur in einer der Tochterzellen. Wie diese einseitige Verteilung aber bewerkstelligt wird, blieb rätselhaft.
Molekulare Kettenreaktion
Erst in diesem Jahr gelang dem Team um Knoblich die lückenlose Auflösung des Puzzles. Sie beschreiben in ihrer Veröffentlichung eine Kette von Reaktionen, die man sich wie molekulare Schalter vorstellen kann, welche hintereinander umgelegt werden.

Die Schalter sind Proteine, "ein" und "aus" entspricht dem Zustand jeweils mit oder ohne angehängte Phosphatgruppe. Betätigt wird der Schalter durch das Molekül, das den Phosphatrest überträgt - eine Kinase.
Neue Perspektiven für die Medizin
Am Beginn der asymmetrischen Zellteilung steht die Aktivierung der Kinase Aurora A. Von diesem Molekül weiß man bereits, dass es in bestimmten Tumorzellen übermäßig aktiv ist. Auch andere Moleküle, die an der asymmetrischen Zellteilung mitwirken, spielen bei der Tumorentstehung eine Rolle.

Mutationen im Numb-Gen führen beispielsweise bei Fliegen zu Gehirntumoren. Da die (Stamm-)Zellteilung beim allen Organismen ähnlich reguliert wird, sind Parallelen zur Tumorentstehung beim Menschen sehr wahrscheinlich, betonen die Wissenschaftler.

"Wir gehen davon aus, dass unsere Erkenntnisse zu einem großen Teil auf den Menschen übertragbar sind. Das Wissen um die Regulation der Zellteilung eröffnet auch der Medizin neue Perspektiven", meint Jürgen Knoblich.

[science.ORF.at/APA, 3.10.08]
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01.01.2010