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Dawkins: Sarah Palin hat "verzerrte" Realität  
  Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins kämpft weiter gegen die biblische Schöpfungsgeschichte. In einem aktuellen Interview kritisiert er das "verzerrte Realitätsverständnis" von Sarah Palin.  
Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) spricht der 67-Jährige neben seiner Abneigung gegen die Kandidatin für das US-Vizepräsidentenamt und dummen Menschen im Allgemeinen auch über Darwins 200. Geburtstag im kommenden Februar.

Herr Dawkins, Sie sind ein großen Anhänger von Darwins Evolutionstheorie. Wie feiern Sie denn persönlich dessen 200. Geburtstag?

Dawkins: Ich halte Vorträge und mache viele Dinge zu Darwin das ganze Jahr über. Ich schreibe auch ein neues Buch über die Beweise der Evolution.
Also gibt es genug Beweise, dass die Evolution, so wie sie Darwin beschrieben hat, stattgefunden hat.

Dawkins: Ja, Evolution ist ein Faktum.

Warum haben viele Menschen dann dennoch ein Problem, zu glauben, dass der Mensch mit dem Affen verwandt ist?

Dawkins: Ich weiß nicht, warum manche Menschen das nicht glauben wollen. Das ist vollkommen unlogisch. Das ist ja, als würde einem der Arzt sagen, Du hast Krebs. Würde man dann antworten, ich glaube das nicht? Man sollte das besser glauben, denn dann kann man behandelt werden. Seinen Wünschen erlauben, die Macht über das, was man glaubt, zu übernehmen, ist einfach dumm.

Sind Menschen dann dumm, die glauben, dass Gott die Welt geschaffen hat, obwohl es dafür keine Beweise gibt?

Dawkins: Ich denke, es ist dumm, an etwas zu glauben, nur weil man an etwas glauben WILL. Wenn jemand an Gott glaubt, nur weil er an Gott glauben will, dann ist das dumm. Wenn er aber andere Gründe hat - zum Beispiel weil er überzeugt ist, dass es Beweise für Gott gibt oder weil er denkt, Gott redet mit ihm - dann ist das etwas anderes.
Derzeit gibt es eine Debatte über die Kandidatin der Republikaner für das US-Vize-Präsidentenamt, Sarah Palin. Sie setzt sich dafür ein, dass in der Schule gleichberechtigt neben der Evolutionslehre der Kreationismus gelehrt wird.

Die Frage ist, welchen Kreationismus sie da gelehrt haben will. Dass die Welt auf dem Rücken einer Schildkröte geschaffen wurde? Oder dass die Welt aus einem kosmischen Ei schlüpfte? Wenn es die Bibelgeschichte ist (wonach Gott die Welt erschaffen hat), dann ist das ein Mythos, mit dem sie aufgewachsen ist. Sie ist eine sehr dumme, ignorante Frau.
Denken Sie denn, es ist eine Gefahr für die Welt, wenn die Menschen mit solchen Ansichten die nächste US-Wahl gewinnen?

Dawkins: Klar denke ich das. Einer möglichen Vize-Präsidentin eines der mächtigsten Länder der Welt, deren Verständnis der Realität so verzerrt und deformiert ist, dass sie glaubt, die Menschen lebten zur gleichen Zeit wie die Dinosaurier, traust Du nicht zu, dass sie etwas von anderen Aspekten der Realität versteht. Ich hoffe inständig, dass (der Kandidat der Demokraten) Barack Obama gewinnt. Die Republikaner haben bei den letzten zwei Wahlen Erfolg damit gehabt, gegen die Intellektuelle zu mobilisieren. Das kommt wahrscheinlich von einem Minderwertigkeitskomplex gegenüber Intellektuellen.

Wenn man Sie reden hört, dann hat man den Eindruck, sie haben eine tiefe Abneigung gegenüber dummen Menschen. Stimmt das?

Dawkins: Ich versuche mich zurückzuhalten, aber ich kämpfe wirklich damit.

Interview: Annette Reuther, dpa, 13.10.08
->   Richard Dawkins
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01.01.2010