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Bonobos: Weniger friedlich als gedacht  
  Bei den Bonobos haben weibliche Tiere einen deutlich höheren Status als in anderen Affengesellschaften. Nicht zuletzt deshalb haben sie im Vergleich mit den nahe verwandten Schimpansen ein viel friedlicheres Image. Deren männlich dominierte Verbände jagen und töten auch andere Affen, von Bonobos hingegen dachte man bisher, sie würden sich mit kleinen Antilopen, Eichhörnchen oder anderen Nagetieren begnügen. Dem widerspricht eine aktuelle Studie deutscher Forscher.  
Die Wissenschaftler haben erstmals Belege dafür gefunden, dass auch wild lebende Bonobos die Jungtiere anderer Affenarten jagen und verzehren.
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Die Studie "Primate hunting by bonobos at LuiKotale, Salonga National Park" von Martin Surbeck und Gottfried Hohmann ist in der aktuellen Ausgabe von "Current Biology" (Bd. 18, 14. Oktober 2008) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Leben in der Kommune
Neben den Schimpansen sind Bonobos die nächsten Verwandten des Menschen. Bekannt wurden sie durch ihr sehr spezielles Sozialverhalten. Weibchen haben einen höheren Status als bei vielen anderen Tieren und beide Geschlechter leben hoch promisk.

Die Primaten paaren sich aus unterschiedlichsten Gründen, unter anderem zur Begrüßung und zur Konfliktlösung. Auch das hat zur ihrem "hippieartigem" Image beigetragen.
Jagd auf andere Affenarten beobachtet
Bild: Max-Planck-Institut fuer Evolutionaere Anthropologie
Ein Bonobo
Für die aktuelle Studie beobachteten die Forscher rund um Gottfried Hohmann vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Bonobos in LuiKotale, ein Teil des Salonga Nationalparks am Fluss Kongo während der letzten fünf Jahre.

Hohmanns Team hatte schon vorher die Vermutung, dass die vermeintlich so friedliebenden Primaten auch andere Affenarten jagen. Bis jetzt hatten sie aber nur indirekte Belege dafür gefunden, wie etwa Spuren in den Exkrementen der Bonobos. Das war allerdings als Beweis für die Jagd zu wenig, die Tiere könnten auch die Reste anderer Räuber verzehrt haben.

Nun konnten die Forscher drei Fälle einer erfolgreichen Jagd direkt beobachten, in zwei anderen Fällen scheiterte der Versuch. Beiderlei Geschlechter waren gleichermaßen an der Verfolgung der Beute beteiligt, das heißt, auch in diesem Bereich gibt es bei den Bonobos eine Art Gleichberechtigung.
Jagdverhalten nicht nur Ausdruck männlicher Dominanz
Genau deswegen sind die Ergebnisse laut Hohmann auch so interessant. Denn in früheren evolutionären Modellen werde männliche Dominanz, Aggression und Jagd oft in Zusammenhang gebracht. Darin, dachte man, würden sich Schimpansen und Bonobos primär unterscheiden.

Im Umkehrschluss war man davon ausgegangen, dass durch die fehlende männliche Vormachtstellung und die geringere Gewalt in Bonobo-Gruppen generell weniger gejagt und Fleisch gefressen wird. Die aktuelle Studie widerlegt diese Annahme zumindest teilweise.
Lokale Unterschiede möglich
Dass das beobachtete Jagdverhalten sich allerdings lokal sehr unterscheiden könnte - je nach Umgebung und Versorgungslage, ist laut den Forschern mit den bis jetzt gesammelten Daten nicht auszuschließen.

Zukünftige Studien sollen zeigen, welche sozialen und ökologischen Bedingungen das Jagdverhalten prägen.

So wollen die Forscher den evolutionären Zusammenhängen zwischen Aggression und Jagd bei Bonobos, Schimpansen und auch beim Menschen auf die Spur kommen.

[science.ORF.at, 14.10.08]
->   Bonobo (Wikipedia)
->   Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Toleranz stellt Vorteil bei Futtersuche dar (9.3.07)
->   Schimpansinnen: Gemeinsam gegen Aggression (28.11.06)
->   Das "soziale Hirn" ist Frauensache (25.8.05)
->   Verhalten als Kulturprodukt: "Flower Power" bei Pavianen (13.4.04)
 
 
 
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01.01.2010