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Neue Statistik zu außerirdischem Leben
 
  Gibt es in unserer Galaxie intelligente Lebensformen? Und wenn ja, können sie mit uns Kontakt aufnehmen? Ein britischer Astronom hat nun entsprechende Berechnungen angestellt und kommt zu folgendem Ergebnis: Da draußen sind zwischen 300 und 38.000 Zivilisationen, die sich womöglich ebenfalls fragen: Ist da jemand?  
Eher weich als hart
SETI, die Suche nach extraterrestrischer Intelligenz, ist eine Schwesterdisziplin der Astronomie. Im Gegensatz zu letzterer gilt sie allerdings nicht wirklich als exakte Wissenschaft. Das liegt nicht etwa daran, dass es keine Möglichkeit gäbe, die Zahl möglicher intelligenter Lebensformen in der Milchstraße zu berechnen.

Das ist beispielsweise mit der so genannten Drake-Formel möglich, bei der die Entstehungsrate von Sternen in unserer Galaxie schrittweise durch verschiedene Bedingungen eingeschränkt wird, die da sind: der Anteil an Sternen mit Planetensystem; die Zahl jener Planeten, die in einer bewohnbaren Zone liegen; Planeten mit Leben; Planeten mit intelligentem Leben; Zivilisationen, die kommunizieren können (und wollen); sowie ein Korrekturfaktor, nämlich die durchschnittliche Lebensdauer einer Zivilisation.
Monte Carlo gegen die Schwankungsbreite
Soweit alles klar, das Problem an der Sache ist nur, die tatsächliche Größe der einzelnen Faktoren ist in den meisten Fällen weitgehend unbekannt. Kein Wunder also, dass die entsprechenden Berechnungen weit auseinandergehen. Die Kontakt-Optimisten schätzen die Zahl entsprechend entwickelter Zivilisationen in der Milchstraße auf eine Million, die Pessimisten kommen hingegen auf den recht mickrigen Wert von Eins zu Hunderttausend.

Kein wirklich befriedigender Zustand, findet Duncan H. Forgan vom Astronomieinstitut der Universität Edinburgh. Er hat nun eine andere Berechnungsstrategie vorgestellt, mit der man - zumindest aus seiner Sicht - die enorme Schwankungsbreite ein wenig in den Griff bekommen könnte (arXiv: 0810.2222v1). Forgan bedient sich in seiner aktuellen Studie eines statistischen Verfahrens, das unter dem Namen Monte-Carlo-Simulation bekannt ist.

Die Grundidee dabei: Wer nicht imstande ist, einen gesuchten Wert exakt zu berechnen, kann sich ihm zumindest annähern, indem er/sie eine große Zahl von Zufallsexperimenten durchführt. Wenn man beispielsweise nicht wüsste, welche Wahrscheinlichkeit die Sechs hat, beim Werfen eines Würfels auf der obersten Seite zu liegen zu kommen, könnte man auch 100 Würfe ausführen, die Sechsen abzählen und durch 100 dividieren. Dann sollte ein Wert rauskommen, der in der Nähe von 1/6 liegt.
Drei Hypothesen im Vergleich
 
Bild: COBE/NASA

So ähnlich lief auch das Verfahren von Forgan ab. Er ließ die Evolution der Milchstraße wieder und wieder auf dem Computer laufen und zählte am Ende die Zahl der intelligenten und kommunikativen Zivilisationen ab. Die für die Simulation notwendigen Wahrscheinlichkeiten stammen von drei bekannten Szenarien mit klingenden Namen - "Panspermien-Hypothese", "Hypothese der seltenen Erde" und "Schildkröten-Hasen-Hypothese".

Erstere geht davon aus, dass einfache Lebensformen von einem Planeten zu einem anderen springen können, etwa Huckepack auf Kometen, und gibt den wie auch immer gearteten Lebensformen auch sonst recht gute Chancen, bis zur Stufe technologisch begabter Zivilisationen vorzudringen. Entsprechend optimistisch fällt der von Forgan ermittelte Wert aus: Laut dem Panspermien-Szenario existieren zurzeit in der Milchstraße 37.965 solcher Lebensformen.

Mit 361 potenziellen Kommunikationspartnern fällt das Ergebnis im zweiten Szenario ("seltene Erde") deutlich magerer aus. Hauptverantwortlich dafür ist die deutlich pessimistischere Sicht in Bezug auf die Lebensentstehung. Manche Astronomen glauben, dass hier sehr viele Vorbedingungen erfüllt sein müssen:

Der Planet darf beispielsweise nicht zu nah aber auch nicht zu weit entfernt von seiner Sonne sein, damit Wasser in flüssiger Form vorliegt. Es muss zusätzliche Planeten in diesem Sonnensystem geben, sie sind wichtig als Schutz vor kosmischen Bombardements, und schließlich darf auch der Mutterstern nicht zu groß sein - zwei Sonnenmassen sind in diesem Modell die Obergrenze.
Zwischen 300 und 38.000
Und dann gibt es noch die eher historisch orientierte Hasen-Schildkröten-Hypothese, der zufolge eine besonders rasche Entwicklung von Zivilisationen gar kein Vorteil sein muss. "Hasen-Gesellschaften" laufen in diesem Bild nämlich eher Gefahr auszusterben als "Schildkröten-Sozietäten".

Astronomische Standardgrößen, gewürzt mit Äsop'schen Fabelelementen und einer Prise Spengler'scher Blühphasentheorie ergeben laut Forgan einen Wert von 31.574 Zivilisationen, die so wie wir im All nach Gleichgesinnten suchen.
Mögliche Annäherung - oder auch nicht
Fazit: Die drei von Duncan Forgan ermittelten Zahlen sind nicht besonders weit voneinander entfernt, was man als Hinweis darauf lesen könnte, dass der tatsächliche Wert ebenfalls in diesem Bereich liegt. Gleichwohl fließen auch in die drei Hypothesen jede Menge willkürlicher Annahmen ein.

Die Sternenentstehungsrate in Galaxien mag man zwar mittlerweile ganz gut abschätzen können, aber die obwaltenden Wahrscheinlichkeiten bei der Entstehung von Leben oder gar Zivilisationen sind nach wie vor unbekannt. Ein alter, vom italienischen Physiker Enrico Fermi stammender Einwand wird wohl auch angesichts dieser Ergebnisse aktuell bleiben: "Wenn sie wirklich da draußen sind - warum melden sie sich nicht?"

Robert Czepel, science.ORF.at, 22.10.08
->   Duncan Forgan
->   Drake-Gleichung - Wikipedia
->   SETI - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010