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"Ötzi" hat wahrscheinlich keine Nachkommen  
  "Ötzi" hat einer Analyse seines Erbguts zufolge wahrscheinlich keine lebenden Nachfahren. Die genetische Linie des Tiroler Eismanns in Europa ist in den rund 5.000 Jahren nach seinem Tod vermutlich ausgestorben.  
Denkbar sei aber auch, dass die Abstammungslinie "Ötzis" extrem selten geworden ist und bei genetischen Untersuchungen bisher einfach noch nicht entdeckt wurde, berichten Wissenschaftler aus Italien und Großbritannien.
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Die Studie "The Complete Mitochondrial Genome Sequence of the Tyrolean Iceman" von Franco Rollo (Universität Camerino) und Luca Ermini (Universitäten Camerino und Leeds) erschien am 30. Oktober 2008 in "Current Biology" (Bd. 18, Nr.21).
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Sequenz aus Darmprobe entnommen
 
Bild: Franco Rollo, University of Camerino

Mit einer speziellen Technik entzifferten die Forscher das Erbgut in den Mitochondrien - die mitochondriale DNA oder kurz mtDNA - von "Ötzis" Zellen erstmals komplett. Sie hatten dieses Erbgut aus einer Darmprobe isoliert, die "Ötzi" im Jahr 2000 entnommen wurde.

Damals wurde der Eismann erstmals vollständig aufgetaut. Mit ihrer Untersuchung liegt nun die derzeit älteste mtDNA-Genom-Sequenz eines modernen Menschen überhaupt vor. Die Mitochondrien sind die "Energiekraftwerke" der Zellen.
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Mitochondriale DNA
Mitochondriale DNA wird ausschließlich von der Mutter an die Nachkommen vererbt und vermischt sich nicht mit dem väterlichem Erbgut. Da sich das mitochondriale Erbgut über die Jahrzehnte nur langsam verändert, stellen Analysen der mtDNA sozusagen ein Fenster in die Vergangenheit dar. Sie erlauben Aussagen über die Herkunft von Menschen und ihre Verwandtschaft untereinander.
->   Mehr über mitochondriale DNA (Wikipedia)
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"Ötzis" Erbgut passt in keine Teilgruppe
 
Bild: EPA

Das Analyseergebnis der Forscher überrascht nun die Fachwelt: "Ötzis" Typ mitochondrialer DNA ist bisher gänzlich unbekannt. Frühere Untersuchungen von "Ötzis" Erbgut hatten gezeigt, dass der Eismann einer "K" genannten genetischen Linie angehörte. Experten sprechen auch vom "Haplotyp K", zu dem heute noch auch rund acht Prozent aller Europäer gehören.

"Ötzi" fällt in die Subgruppe "K1", die sich wiederum in drei Teilgruppen aufspaltet. Wie die nun vorgestellte Untersuchung zeigt, passt "Ötzis" Erbgut jedoch in keine dieser drei Teilgruppen.
"Ötzis Zweig"
"Das bedeutet nicht, dass Ötzi spezielle persönliche Mutationen aufwies, die ihn von anderen unterschieden; in der Vergangenheit gab es eine Gruppe (...) von Männern und Frauen, die die gleiche mitochondriale DNA besaßen wie er", sagte Franco Rollo dem Fachmagazin.

Die Forscher nennen die neu entdeckte Abstammungslinie nun "Ötzis Zweig".
"Ötzis" Leben und Sterben
"Ötzi" starb vor etwa 5.300 Jahren im Alter von etwa 46 Jahren. Er wurde von einem Pfeil getroffen und dann vermutlich mit einem Keulenschlag getötet.

Seine mumifizierte Leiche wurde 1991 nahe der österreichisch-italienischen Grenze gefunden und wird seit 1998 im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen ausgestellt.

[science.ORF.at/APA/dpa, 30.10.08]
->   Ötzi-Museum in Südtirol
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->   "Ötzi" könnte Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben
->   "Ötzi" war vermutlich mobiler als seine Zeitgenossen
 
 
 
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01.01.2010