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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Maximal 30 Prozent der Energie aus Bio-Quellen  
  Eine der Optionen, um Energie- und Klimakrise zu bewältigen, lautet: Energie vom Acker. Aber noch ist nicht ganz klar, wie weit diese grünen Quellen, von Holz bis zu biogenen Abfällen, von Biogas bis zu Biotreibstoffen, tatsächlich zum österreichischen Energiehaushalt beitragen können. Eine bislang unveröffentlichte Studie liefert jetzt deutliche und auch überraschende Antworten.  
Bei drastischen Maßnahmen könnten ihr zufolge bis ins Jahr 2050 maximal 30 Prozent des österreichischen Energieverbrauchs aus Bioenergiequellen stammen.
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Die Studie "Strategien zur optimalen Erschließung der Biomassepotenziale in Österreich bis zum Jahr 2050" wurde am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (EEG) an der TU Wien erstellt. Sie hat sich u.a. dem Ziel gewidmet, durch den Biomasseeinsatz die Treibhausgasemissionen maximal zu reduzieren.
->   EEG, TU Wien
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Heute zehn Prozent der Primär-Energie
Derzeit decken Holz und andere Biomasse-Energieträger gerade einmal zehn Prozent der österreichischen Primär-Energie. Greift die Politik nicht entscheidend ein, wird sich der Biomasseanteil nur langsam und wenig erhöhen, heißt es in dem Bericht:

"Ohne Förderungen kommt es selbst im Fall deutlich steigender Energiepreise erst nach 2020 zu einem geringfügigen Anstieg auf maximal 15 Prozent. Nur wenn die Biomasse-Forcierung mit ambitionierten Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs kombiniert wird, kann ein Anteil der Bioenergie am Gesamt-Energieverbrauch von über 15 Prozent 2020 und längerfristig über 20 Prozent erreicht werden (im Fall einer drastischen Reduktion sogar über 30 Prozent)."
Biomasse bei Wärmenutzung am effizientesten
Für die möglichst effiziente Nutzung von Energie aus Biomasse kommt für den leitenden Studienautor Lukas Kranzl vor allem die Gebäudeheizung in Frage.

Biotreibstoffe hingegen würden die Biomasse weitaus weniger effizient nutzen und auch zu einer geringeren Reduktion bei den Treibhausgasen führen:

"Bei der Wärmenutzung haben wir viel geringere Kosten, hier sind auch die technologisch effizienten Nutzungsmöglichkeiten der Biomasse vorhanden, deswegen erscheint uns die ambitionierte Nutzung der Biomasse in Richtung Biotreibstoffe äußerst kontraproduktiv", meint Kranzl.
Biotreibstoffe sparen weniger CO2 ein als gedacht
Dies schlage sich aber mit dem herrschenden Zeitgeist, der versucht, alle Bereiche gleich mit Biomasse zu bedienen. Laut TU-Studie kommt es deshalb im Biomassebereich zu einer konkurrierenden Nutzung in den verschiedenen Bereichen.

Spätestens wenn die Grenzen der Biomasse-Potenziale erreicht sind, sei es "absehbar, dass die Biokraftstoffe den viel günstigeren und effizienteren Nutzungsformen, Potenziale abziehen."

Derzeit werden vorwiegend Biotreibstoffe der ersten Generation hergestellt: Biodiesel aus Raps oder Bio-Ethanol aus Mais oder Weizen. Diese Bio-Treibstoffe sparen aber weitaus weniger Treibhausgase ein als früher gedacht. Im Schnitt reduzieren sie den CO2-Ausstoß um 30 Prozent im Vergleich zu Benzin oder Diesel.
Besser gleich auf Elektroantrieb umstellen?
Auch die zweite Generation Biotreibstoffe, die vorwiegend aus Abfällen gewonnen werden sollen, wird Biomasse nicht so effizient nutzen können wie das etwa bei der Raumheizung möglich wäre, meint der Studienmitautor Gerald Kalt.

Der Umstieg auf die zweite Generation werde zwar helfen Treibhausgase einzusparen, ihr Wirkungsgrad im Verbrennungsmotor sei aber weiter vergleichsweise gering.

"Längerfristig muss man sich überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, auf eine andere Energiekette umzusteigen. Also nicht Biomasse in einen flüssigen Kraftstoff zu konvertieren und dann bei geringem Wirkungsgrad zu verbrennen, sondern z.B. auf elektrische Antriebe umzustellen", meint Gerald Kalt.
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Bündel an Maßnahmen nötig
Der Verkehr lässt sich nach Meinung der Studienautoren nur durch ein Bündel von Maßnahmen ökologisieren: durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, durch gezielte Raumordnung, die lange Wege vermeidet, und effiziente Antriebe.
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Zukunft liegt am Acker
Momentan ist Holz die bevorzugte Biomasse zur Energieerzeugung. Daneben werden etwa Sägenebenprodukte zu Pellets gepresst oder Ablaugen aus industriellen Biomassen verstromt.

Der Wald als Energiequelle scheint aber langsam seinen Zenit zu erreichen. In der Zukunft wird Bioenergie viel mehr vom Acker kommen, von Energiepflanzen einerseits und landwirtschaftlichen Reststoffen sowie Nebenprodukten andererseits, meint Kalt.
Politik ist gefordert
Damit der Biomasseanteil entscheidend steigen kann, muss der Gesamtenergieverbrauch gebremst werden - etwa durch die bessere Dämmung von Gebäuden. Derzeit werden pro Jahr nur ein Prozent der älteren Häuser saniert, viel zu wenig, um den Wärmebedarf im Haus deutlich zu reduzieren.

Und das geht am besten mit finanziellen und politischen Anreizen, obwohl Biomasse-Heizungen bereits jetzt sehr wirtschaftlich sind.

Maximal 30 Prozent Biomasseanteil sind nach Meinung der Studienautoren bis 2050 in Österreich möglich. Aber in diesem Extremszenario müsste sich die Politik vehement zu einem Biomasseausbau bekennen, Förderungen bereit stellen und die Energieeffizienz deutlich steigern.

Franz Zeller, Ö1 Wissenschaft, 31.10.08
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Schwerpunkt Energiegesellschaft
Die Initiative Risiko:dialog von Radio Österreich 1 und dem Umweltbundesamt widmet sich derzeit dem Thema Ressourcen. Bis März 2009 gibt es dazu den Dialogschwerpunkt Energiegesellschaft. Im Frühjahr 2009 wird dazu eine BürgerInnenkonferenz stattfinden. Im Zuge des Schwerpunkts werden auf science.ORF.at zirka alle zwei Wochen Beiträge zum Thema Energie erscheinen.
->   Initiative Risiko:dialog
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->   Alle Beiträge zum Schwerpunkt Energiegesellschaft
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Sprit aus Biomasse: Neue Kraftstoff-Synthese
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Dem Thema widmet sich auch das Dimensionen-Magazin am 31. Oktober 2008, 19:05 Uhr, Radio Ö1.
->   Dimensionen-Magazin
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01.01.2010