News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Umwelt und Klima 
 
Auch das noch: Klimawandel bedroht Lemminge  
  "Lemminghaftes Verhalten" ist zwar sprichwörtlich, hat aber wenig mit der Wirklichkeit zu tun: Lemminge begehen keinen Massenselbstmord. Bedroht sind sie dennoch, wie eine Studie zeigt. Durch den Klimawandel ist die Zahl der kleinen Nagetiere im Süden von Norwegen deutlich zurückgegangen.  
Grund sei die im Winter nun häufig fehlende und sich auch sonst verändernde Schneedecke. Diese Entwicklung bedrohe den Bestand der Lemminge (lemmus lemmus) dieser Region, schreiben die Forscher von der Universität Oslo.
...
Die Studie "Linking climate change to lemming cycles" ist am 6.11.08 in "Nature" (Bd. 456, S. 93) erschienen.
->   Abstract der Studie
...
Mythos von Massenselbstmorden
Als wichtigste bereits sichtbare Veränderung nannte das Team um die Biologen Nils Stenseth und Kyrre Kausrud das Ausbleiben der früher regelmäßig alle drei bis fünf Jahre auftretenden Bevölkerungsexplosion unter Lemmingen.

Die folgenden Massenwanderungen zur Suche nach Futter, bei denen sich große Tiergruppen zum Schwimmen ins Wasser stürzten, führten zum Mythos von angeblichen Massenselbstmorden.

Tatsächlich aber folgten auf eine starke Bestandszunahme Hunger und Aggressivität bei der Konkurrenz um die nun zu geringe Nahrungsmenge. Beides reduzierte die Bestände jeweils kräftig.
...
Ein lange bekanntes Phänomen
Noch 1970 wurden in Norwegen Schneepflüge eingesetzt, um tausende von zerquetschten Tieren von den Landstraßen zu holen, schreiben zwei britische Zoologen in einem "Nature"-Begleitkommentar. Bei der Übersetzung eines apokryphen Textes des Alten Testaments ins Norwegische sollten bei den biblischen Plagen Heuschrecken durch Lemminge ersetzt werden - an das Phänomen der Lemminge ist man in diesen Breitengraden also lange gewohnt.
...
Ein kampfbereiter Lemming
 
Bild: Erika Leslie

"Das Gesicht der Herausforderung" untertitelt "Nature" dieses Bild. Und weiter: "Ein norwegischer Lemming zeigt der Fotografin, dass es den Kampf nicht aufgeben wird, gleichgültig welchen Größenunterschied es gibt."
Population 38 Jahre lang verfolgt
Der Zyklus von Populationsexplosion und -reduktion wiederholt sich in Nordskandinavien üblicherweise alle drei bis fünf Jahre. Zumindest bisher. Seit 15 Jahren sind sie deutlich seltener geworden oder haben komplett aufgehört.

Kyrre Kausrud und Kollegen haben nun die Lemmingzahlen eines Ortes im Südosten Norwegens über 38 Jahre verfolgt und dabei einen Zusammenhang mit der Klimaerwärmung festgestellt.
Kein Zugang mehr zur Nahrungsquelle Moos
Die Tiere suchen im Winter Schutz in Höhlen unter dem Schnee, die durch die Wärme des Bodens entstehen. Dort finden die Nager Moos zur Ernährung, das sie über den Winter bringt.

Die Forscher entdeckten, dass der Anstieg von Temperatur und Feuchtigkeit diese Überlebensstrategie gefährdet.

Denn durch höhere Temperaturen schmilzt zu viel Schnee zu Wasser, das dann auf dem Boden wieder gefriert und keinen Zugang mehr zum überlebenswichtigen Moos ermöglicht.

[science.ORF.at/dpa/AFP, 5.11.08]
->   Kyrre Kausrud, Uni Oslo
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Massenselbstmord der Lemminge ist eine Legende
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010