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Das trockene Ende der Dynastien
Klima- und Kulturepochen im Gleichschritt
 
  Forscher haben mit Hilfe eines Tropfsteines die Klimageschichte Chinas der letzten 1.800 Jahre rekonstruiert - und kommen zu dem Schluss: Der Monsun entschied über Aufstieg und Niedergang chinesischer Dynastien.  
Zumindest gibt es eine auffällige Korrelation zwischen der chemischen Zusammensetzung des steinernen Klimaarchivs und gesellschaftlichen Umwälzungen. Durch Trockenheit ausgelöste Missernten dürften zumindest Mitursache für das Ende von Herrscherhäusern gewesen sein, berichtet ein Team um Hai Cheng von der Universität von Minnesota in Minneapolis im US-Journal "Science" (Bd. 322, S. 940).
Blüte und Fall einer Dynastie
Fast 300 Jahre dauerte die Herrschaft der Tang-Dynastie, deren mittlere Periode als Goldenes Zeitalter des Friedens, der Kultur und Gelehrsamkeit in die chinesische Geschichtsschreibung einging. Im neunten Jahrhundert veränderte sich jedoch das Machtgefüge im Land - unter anderem deswegen, weil viele Bauern aufgrund der wirtschaftlichen Not ihre Höfe verließen, als Banditen durch die Lande vagabundierten und sich später zu Rebellengruppen zusammenschlossen.

Darauf folgende blutige Rebellionen - bei der Schlacht um Kanton 878 gab es etwa 120.000 Tote - wurden zwar abgewehrt, aber sie destabilisierten die Dynastie nachhaltig. 907 schließlich wurden sämtliche Prinzen des Herrschergeschlechts umgebracht.
Perioden im Gestein
 
Bild: Science

Hai Cheng und seine Kollegen haben nun in den Wachstumsschichten eines 1,8 Meter hohen Stalagmiten in der Wanxiang-Höhle im Nordwesten Chinas eine Klimageschichte entdeckt, die ganz ähnliche zeitliche Bruchlinien aufweist (Bild oben). Er und seine Mitarbeiter bestimmten zunächst das Alter der jeweiligen Schichten mit der Uran-Thorium-Methode und suchten dann nach chemischen Mustern im Tropfstein.

Sie wurden fündig: Um das Jahr 900 dürfte es einen dramatischen Rückgang des Regens gegeben haben, ansonsten kann man die Variationen der Sauerstoffisotope im Gestein nicht erklären. Dieses Ergebnis war kein Einzelfall: Das goldene Zeitalter der Song-Dynastie fiel etwa mit einer besonders feuchten Monsun-Periode zusammen, das Ende der Yuan- und der Ming-Dynastie passierte indes in Phasen ausgeprägter Trockenheit.
Ernteausfälle lösen Spannungen aus
Bild: Science
Als Erklärung für diese augenfällige Übereinstimmung bieten sich Einbrüche bei der Reisernte und dadurch ausgelöste Spannungen an: "Unsere Ergebnisse stimmen wirklich mit den historischen Daten überein", sagt Co-Autor Lawrence Edwards.

"Man kann natürlich nicht behaupten, dass nur das Kima Schuld ist. Aber wenn man diese Korrelationen sieht, dann kommt man zu dem Schluss, dass das Klima vermutlich eine wichtige Rolle gespielt hat."

Bild rechts: Wachstumsringe einer Gesteinsprobe aus der Wanxiang-Höhle. Sie decken die Jahre 190 bis 2003 ab.
Sonne möglicher Auslöser
Interessanterweise fällt der Niedergang der Tang-Dynastie mit dem Ende einer ganz anderen Kultur zusammen, die sich am anderen Ende der Welt entwickelt hat. Um 900 endet auch die klassische Periode der Maya, ein wichtiger Faktor dabei dürfte eine landwirtschaftliche Krise infolge von Trockenheit gewesen sein, berichteten Forscher bereits vor sieben Jahren im Fachjournal "Science" ( Bd. 292, 1367).

Die damals angebotene Erklärung - Variationen in der Helligkeit der Sonne - würde jedenfalls auch für die Monsunschwankungen passen.

[science.ORF.at, 6.11.08]
->   Department of Geology, University of
Minnesota
->   Monsun - Wikipedia
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01.01.2010