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Wie Fliegen ihre Partner finden  
  Was bei Menschen oft schwierig ist, bereitet Fruchtfliegen weniger Probleme: die Partnerwahl. Wie sie auf genetischer Ebene funktioniert, wird für Neurobiologen zunehmend klarer.  
Ein führender Fruchfliegenforscher und Leiter des Instituts für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien, Barry Dickson, hat dazu einen Übersichtsartkikel in der aktuellen Ausgabe von Science (Bd. 322, S. 904) geschrieben.
Modellorganismus
Der Genetiker, der mit Fruchtfliegen (Drosophila) arbeitet und auch eine Art Fliegenbibliothek mit über 22.000 verschiedenen genetischen Varianten betreibt, geht dabei noch einen Schritt weiter.

Bis zu einem gewissen Grad könnten die Verhältnisse in den Fliegengehirnen auch auf höhere Organismen umgelegt werden. Der Grund: Vorgänge im Gehirn brauchen viel Energie und es ist daher anzunehmen, dass die Natur immer wieder auf ähnliche, bewährte Mechanismen zurückgreift.

Die Verhältnisse bei Fliegen könnten daher als Modell für generelle Entscheidungsprozesse in Nervensystemen verwendet werden.
Partnerwahl: Ein Gen plus Erfahrung
Die Partnerwahl funktioniert bei Drosophila vergleichsweise einfach. Wie Dickson und sein Team erst im Vorjahr veröffentlichten, hängt die sexuelle Orientierung - männlich oder weiblich - der Fruchtfliegen von einem einzigen Gen ab.

Neben genetischen Vorprogrammierungen spielen aber auch persönliche Erfahrungen der Tiere bei der Paarung eine Rolle. So erkennt ein Drosophila-Männchen, ob ein Weibchen gerade empfängnisbereit ist oder nicht, durch solche Erfahrung.
Paarungslied durch die Flügeln gesungen
Passt alles, so beginnt das Männchen eine Art Gesang in Form von rhythmischen Flügelbewegungen.

Selbst für einige Sexuallockstoffe, die ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen, kennen die Forscher mittlerweile genau die Rezeptoren und Neuronen des Geschmack- bzw. Geruchssystems, die für die Wahrnehmung der Substanzen verantwortlich sind.

Nach der Begattung ist den Weibchen die Lust auf Sex jedenfalls vergangen, auch dafür ist ein einziger Rezeptor verantwortlich.
Suche nach weiteren Gesetzmäßigkeiten
Insgesamt haben die Wiener Biologen bereits genügend Kenntnisse, um einfache Modelle aufzustellen, wie die Tiere Entscheidungen treffen, ob eine Paarung nun zustande kommt oder nicht.

Das Spannende ist für Dickson dabei, komplexes Verhalten Stück für Stück auf die Ebene von einzelnen Molekülen oder Nerven zu zerlegen und dabei grundlegende Gesetzmäßigkeiten aufzuspüren.
Fliegen-Bibliothek steht offen
Was die Verhaltensforschung auf molekularer Ebene angeht, sind die Wissenschaftler bei der Paarung bisher am weitesten. Dickson stellt die genetischen Variationen aus seiner Fliegen-Bibliothek aber auch anderen Forschergruppen zur Verfügung.

Durch Beobachtungen, wofür jedes Gen auf der Erbsubstanz der Tiere verantwortlich ist, sollte sich auch das Wissen über die Verhaltensweisen der Insekten in den kommenden Jahren deutlich verbessern. Die bisher einfachen Modelle werden so Stück für Stück ergänzt und erweitert.

[science.ORF.at/APA, 5.11.08]
->   Vienna Drosophila RNAi Center
->   Institut für Molekulare Pathologie
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01.01.2010