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MPG entschuldigt sich bei NS-Opfern  
  Seit 1999 erforscht die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) die Rolle, die ihre Vorgängerin, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, im Nationalsozialismus gespielt hat. Nun hat sich ihr Präsident offiziell bei den Opfern "einer verbrecherischen Wissenschaft" entschuldigt.  
Bekenntnis zu historischer Schuld
Anlässlich des Symposiums "Biowissenschaften und Menschenversuche an Kaiser-Wilhelm-Instituten - Die Verbindung nach Auschwitz" vergangene Woche in Berlin bekannte sich Hubert Markl zur "historischen Verantwortung der Max-Planck-Gesellschaft für die Schuld, die eine Reihe von damals an Kaiser-Wilhelm-Instituten tätigen Wissenschaftlern auf sich geladen hatte."

An Stelle der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft bat Präsident Markl um Verzeihung für das Leid, das den Opfern dieser Verbrechen im Namen der Wissenschaft zugefügt worden war.

Er entschuldigte sich dafür, dass die Max-Planck-Gesellschaft lange Zeit zu wenig zur Aufklärung der Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus unternommen und sich somit zu spät dieser historischen Verantwortung gestellt hat.
MPG-Vorgängerin: Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft
Die MPG wurde 1948 als neue Forschungsorganisation gegründet, war aber in wissenschaftlicher Hinsicht und aufgrund vielfältiger personeller und ideeller Verflechtungen mit der im Jahr 1911 gegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft verbunden.

Seit 1999 besteht das MPG-Forschungsprogramm "Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus", das sich mit diesen Fragen auseinander setzt.
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Das Forschungsprogramm
Das auf fünf Jahre (1999-2004) angelegte Forschungsprogramm hat zur Aufgabe, den spezifischen Beitrag der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und ihrer Wissenschaftler zum nationalsozialistischen System zu untersuchen. Die Arbeiten des Forschungprogramms konzentrieren sich zur Zeit auf vier Schwerpunkte: 1) Organisation, Politik und Verwaltung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, 2) genetische, medizinische und psychiatrische "Rassenforschung", 3) Rüstungsforschung, 4) Ost- bzw. "Lebensraumforschung" an Kaiser-Wilhelm-Instituten.
->   Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus
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Historisch einwandfreie Belege
Unter dem Vorsitz von Reinhard Rürup, TU Berlin, und Wolfgang Schieder von der Universität Köln, haben Historiker mittlerweile wissenschaftliche Befunde vorgelegt, die eine geistige Miturheberschaft und zum Teil aktive Mitwirkung von Direktoren und Mitarbeitern mehrerer biowissenschaftlich ausgerichteter Kaiser-Wilhelm-Institute an den Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes historisch zweifelsfrei belegen.
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Auch Mengele-Mentor involviert
Einige Wissenschaftler haben die entgrenzten Forschungsmöglichkeiten in NS-Zwangsanstalten wie psychiatrischen Kliniken oder dem Konzentrationslager Auschwitz für ihre Zwecke genutzt. Zu diesen Wissenschaftlern zählte auch Otmar von Verschuer, der seit 1942 Projekte der so genannten Zwillingsforschung am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik leitete. Der KZ-Arzt Josef Mengele war ein Schüler von Otmar von Verschuer, allerdings weder angestellter Mitarbeiter noch Beauftragter der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
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Beispiel Zwangsarbeit
Die Ergebnisse verschiedener Projekte im Rahmen des Forschungsprogramms werden und wurden präsentiert. Im vergangenen Dezember etwa berichtete Christian Wagner, dass mindestens 1.000 Personen während des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeit für die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) leisten mussten.

Darunter befanden sich Kriegsgefangene, Verschleppte sowie KZ-Inhaftierte, die vor allem auf landwirtschaftlichen Versuchsgütern, aber auch für den Bau von Giftgas-Werken arbeiten mussten.

(red)
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->   Zwangsarbeit in der NS-Wissenschaft
->   Max Planck und der Nationalsozialismus
 
 
 
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01.01.2010