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Symposion: Leben neu erschaffen  
  Künstliches Leben erzeugen - das ist das Fernziel der Synthetischen Biologie. Ab Donnerstag referieren Forscher im Wiener Biocenter beim Symposion "Life under (Re)Construction" über diesen Forschungszweig.  
Bis jetzt nur geklont
Bei Viren funktioniert es schon. Die vergleichsweise kleine Erbsubstanz mancher dieser Partikel wurde bereits im Labor künstlich synthetisiert und siehe da, die Sache funktionierte. Wie auch bei natürlich vorkommenden Viren kann die künstliche Viren-DNA andere Zellen dazu bringen, Virus-Partikel zu produzieren.

Doch auch wenn die DNA dieser Viren zu 100 Prozent künstlich synthetisiert wurde, hat man damit noch nichts Neues geschaffen, erklärte Markus Schmidt von der Organisation für Internationalen Dialog und Konfliktmanagement (IDC) in Wien gegenüber der APA ein. Schmidt ist einer der Referenten des Symposiums.

"Wird die Erbsubstanz eines bereits existierendenden Organismus oder auch Teilen davon von von einer Maschine nachgebaut, so handelt es sich dabei eigentlich um Klonen und nicht das Erschaffen von neuem Leben", so Schmidt. Für die Herstellung von echter Novitäten fehlt es noch weitgehend am Verständnis, wie Leben funktioniert, wie Zellen arbeiten. Dennoch arbeiten Wissenschaftler daran.
Transfer von Genclustern
Ein Versuch ist quasi die Fortentwicklung der Gentechnik, bei der bisher hauptsächlich einzelne Gene ein- oder ausgebaut, aus- oder eingeschaltet wurden. Es gibt mittlerweile aber auch Versuche, ganze Systeme, Gen-Module zu transferieren, um etwa einen Stoffwechselablauf in einer Zelle zu etablieren. Ansatzweise wird diese Technik auch schon angewandt um etwa Zellen von Hefepilzen zu Produktion bestimmter Substanzen zu modifizieren. Nachdem mittlerweile einige Firmen DNA-Bauteile, Gene, kommerziell anbieten, werden die Versuche, neue, sinnvolle Kombinationen zu finden sicher zunehmen.
Minimal-Genom
Ein anderer, möglicherweise systematischerer Ansatz ist die Suche nach einem Minimal-Genom. Ziel dabei ist es, eine Art Grundgerüst oder Chassis für Lebensprozesse zu finden.

Ein derartiges Gebilde wäre frei von jeglichem unnötigen Ballast, die ansonsten praktisch jeder natürliche Organismus im Laufe der Evolution angesammelt hat. Das Chassis könnte dann - analog zu einem Fahrzeug - als Basis für diverse Aufbauten dienen und etwa besonders reine Medikamente herstellen.
Das Molekülset erweitern
Ein noch exotischer anmutender Ansatz ist der Einsatz von bisher in der Natur nicht vorkommender Moleküle. So werden nämlich von den bekannten rund 100 Aminosäuren nur lediglich 20 als Bausteine von Proteinen in der Natur gefunden.

Künstlich ließe sich die Protein-Palette durch den Einbau weiterer Aminosäuren erheblich erweitern. Aber auch die Erbsubstanz selbst eines - künstlichen - Organismus müsste nicht zu 100 Prozent nach dem Muster der Natur gestrickt sein.
Alternativ-DNA
Es muss nicht immer Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin sein - die Doppelhelix der DNA lässt sich künstlich auch mit anderen Basen bestücken. Ein mit exotischen Substanzen bestückter Mechanismus oder gar Organismus hätte den Vorteil, dass er mit natürlichem Leben nicht kompatibel wäre.

Damit würden etwa Gefahren wie die unerwünschte Übertragung von Genen oder auch Krankheiten ausgeschaltet. Es ist so, als hätten derartige Kreationen quasi ein eigenes Betriebssystem, das etwa mit Menschen nicht kompatibel ist.

Egal in welche Richtung es auch immer geht, neue Technologien sollten laufend von gleichsam mitwachsenden Sicherheitsbewertungen begleitet werden, so Sicherheitsforscher Schmidt. Innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft sei man sich des Missbrauchspotenzials aber durchaus bewusst. Dazu habe nicht zuletzt die Gentechnik-Debatte in Europa aber auch die Terrorangst in den USA beigetragen.

Heinz Jaksch, APA, 12.11.08
->   Life under (Re)Construction
 
 
 
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01.01.2010