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Warum Chlor Bakterien killt  
  In fast jedem Haushalt steht eine Flasche mit chlorhaltigem Reinigungsmittel. Neben dem Effekt, dass man damit Wäsche bleichen kann, geht das Halogen auch sehr aggressiv gegen Bakterien vor. Wie es die Mikroorganismen unschädlich macht, wurde nun, 200 Jahre nach Einführung von Chlorbleiche im Haushalt, von der Forschung geklärt.  
Bakterien können aber auch einen Schutz gegen Chlor entwickeln, was nicht nur in Sachen Hygiene wichtig ist, sondern auch hinsichtlich Immunreaktionen des menschlichen Körpers, schreiben Ursula Jakob und Kollegen von der Universität Michigan.
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Die Studie "Bleach Activates A Redox-Regulated Chaperone by Oxidative Protein Unfolding" ist am 14. November 2008 im Fachmagazin "Cell" (Band 135, S. 691- 701, DOI 10.1016/j.cell.2008.09.024) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Proteine verklumpen
Kommen Bakterien mit Hypochloriger Säure in Berühung, entfalten sich sofort ihre Proteine - ähnlich wie bei großer Hitze oder Fieber. Um den Effekt zu verdeutlichen, vergleicht die Biochemikerin Ursula Jakob ihn mit dem Kochen eines Eis: Durch die hitzebedingte Veränderung der Proteine gerinnt das Eiweiß - ein Vorgang, der nicht wieder rückgängig gemacht werden kann.

Molekular gesprochen verlieren die Proteine ihre dreidimensionale Struktur und verklumpen. Chlor und Hitze haben nahezu den gleichen Effekt auf Proteine, daher rühre auch die anti-bakterielle Wirkung des Halogens.
Auch der Körper produziert Chlor
Diese Erkenntnis ist nicht nur für Haushalt und Schwimmbad wichtig, sondern auch für die Bakterienabwehr im Körper. Schon bisher wusste man, dass menschliche Immunzellen beträchtliche Mengen an Hypochlorsäure produzieren, um eindringende Mikroorganismen zu bekämpfen.
Kann entzündliche Erkrankungen auslösen
Nun weiß man nicht nur, wie genau die Bakterien außer Gefecht gesetzt werden, sondern auch, mit welchem Trick sie sich vor dem Chlorangriff schützen können, was für unsere Gesundheit nicht weniger relevant ist:

Schließlich zerstört die Hypochlorige Säure nicht nur die Bakterienzellen, sondern kann, geraten die Mengen außer Kontrolle, besonders bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen auch nützliche, körpereigene Zellen angreifen.
Schutzschirm mit Namen Hsp33
Wie Jakob und Kollegen berichten, verfügen manche Mikroorganismen über ein Schutzprotein mit Namen Hsp33, das sich bei Konfrontation mit Chlor wie ein Schirm aufspannt und dadurch die Verklumpung der Proteine verhindert.

Könnte man diesen Schutzschirm künstlich anregen, wäre möglicherweise ein Mittel gegen schwere Rheumaerkrankungen gefunden.

[science.ORF.at, 13.11.08]
->   Labor von Ursula Jakob
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->   Bakterium frisst gefährliche Chlorverbindungen
 
 
 
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01.01.2010