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Ur-Augen: Zwei Zellen sichern Larven das Überleben  
  Wirbellose Meerestiere verfügen über die einfachsten Augen der Tierwelt: Sie bestehen aus nur zwei Zellen, weshalb schon Charles Darwin sie als "Ur-Augen" bezeichnet hat. Dennoch kann dieses einfache System die Bewegung der Tiere lenken - wie genau, wurde nun geklärt.  
Dank der Ur-Augen haben vermutlich die ersten Organismen in der Evolutionsgeschichte hell und dunkel unterscheiden können, schreiben die Forscher aus Tübingen und Heidelberg.

Heute finden sich die kleinen Augenflecken noch bei Larven wirbelloser Meeresbewohner. Sie schwimmen mit ihrer Hilfe zum Licht an die Meeresoberfläche und bilden so kollektiv die größte Wanderungsbewegung auf der Erde.
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Die Studie "Mechanism of phototaxis in marine zooplankton" ist am 20. November 2008 in "Nature" (Bd. 456, S. 395, doi:10.1038/nature07590) erschienen.
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Augen- mit Wimpernzellen verbunden
 
Bild: Litographie von Friedrich Hempelmann (1911)

Am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen und dem Europäischen Molekularbiologie-Labor (EMBL) in Heidelberg wurden exemplarisch Larven des Ringelwurms Platynereis dumerilii (Bild oben) erforscht.

Eine Larve besitzt zwei Augenflecken und einen Wimpernkranz zur Fortbewegung. Augenzellen und Wimpernzellen sind direkt durch einen Nervenstrang verbunden.

Fängt die Augenzelle Licht ein, sendet sie über den Nervenstrang ein Signal an die Wimpern, die daraufhin ihre Schlagfrequenz verändern und die Larve in Richtung Licht schwimmen lassen (sogenannte Phototaxis), schreiben die Forscher.
Schau mir in die Augen ...
 
Bild: Max-Planck-Institut f¿r Entwicklungsbiologie/Gaspar Jekely

Die Larve des Ringelwurms mit den Augenflecken, die nur aus zwei Zellen bestehen.
Schwimmen zum Licht lebenswichtig
Objekte können die Larven mit den Augenflecken nicht erkennen. Das Schwimmen zum Licht und somit zur Meeresoberfläche ist aber entscheidend für den Fortbestand des Ringelwurms: Durch die Wellen werden die Larven weiträumig verteilt.

"Wir vermuten, dass die ersten Augen im Tierreich genau zu diesem Zweck entstanden sind", erläuterte der Heidelberger Forscher Detlev Arendt. "Die Erkenntnisse über die Phototaxis erlauben uns, die ersten Schritte der Augenentwicklung nachzuvollziehen."
Lebendes Fossil
Die Beobachtungen an den Ringelwurm-Larven seien exemplarisch für wirbellose Meerestiere wie Krebse, Schwämme und Seesterne. Außerdem könne man mit Hilfe der Larven Rückschlüsse auf frühe Phasen der Evolution ziehen.

"Platynereis ist ein lebendes Fossil. Er lebt schon seit Millionen von Jahren nahezu unverändert an den Küsten gemäßigter und tropischer Meere", sagte der Tübinger Forscher Gáspár Jékely. Somit könne die Verbindung von Augenflecken und Wimpernzellen als Ur-Auge der ersten Tiere gelten.

[science.ORF.at/APA/dpa, 20.11.08]
->   Detlev Arendt
->   Gáspár Jékely
->   Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie
->   European Molecular Biology Laboratory
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01.01.2010