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Forscher entziffern Erbgut des Mammuts  
  Ein internationales Forscherteam hat das Erbgut des seit mehreren tausenden Jahren ausgestorbenen Mammuts zu weiten Teilen entziffert. Fantasien, das Tier a la "Jurassic Park" wieder zum Leben zu erwecken, sind aber verfrüht.  
Ein Team um Webb Miller und Stephan Schuster von der Pennsylvania State University sammelte für seine DNA-Analyse Haarproben von verschiedenen Mammuts, die seit Jahrtausenden im Eis eingefroren waren.

Danach rekonstruierten sie etwa 70 Prozent des Erbguts. Andere Forscher hatten zuvor nur kleinere Stücke des Genoms sequenziert.
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Die Studie "Sequencing the nuclear genome of the extinct woolly mammoth" ist am 19.11.08 in "Nature" erschienen (Bd. 456, S. 387).
->   Abstract der Studie
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Große Fortschritte seit "Jurassic Park"
 
Illustration: ExhibitEase LLC - Steven W. Marcus

Zu dieser hübschen Illustration ließ sich Nature anlässlich der Geschichte hinreißen

Als der vor kurzem verstorbene Bestseller-Autor Michael Crichton "Jurassic Park" geschrieben hat, steckte die Genomforschung noch in den Kinderschuhen: 1990 stammte das längste Erbgut, das jemals entziffert worden war, von einem Virus.

Mittlerweile gibt es hunderte von Organismen, deren Struktur des Erbguts bekannt ist. Auch das Mammut als erster Vertreter einer ausgestorbenen Art geriet in diesem Sinne bereits in die Schlagzeilen. Vor zwei Jahren berichtete eine Forschergruppe, dass sie 13 Millionen Basenpaare des Tiers sequenziert hatte (Science, Bd. 311, S. 392).

Miller und Schuster, die schon damals an der Arbeit beteiligt waren, legen nun das bisher umfangreichste Datenmaterial vor.
0,6 Prozent anders als Afrikanischer Elefant
 


Vergleich Mammut - Elefant

Das Erbgut von Mammuthus primigenius unterscheidet sich ihrer Analyse zufolge nur um etwa 0,6 Prozent von dem seines engsten heute lebenden Verwandten, dem Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana).

Damit sind die Genomunterschiede nur etwa halb so groß wie zwischen dem Menschen und seinem nächsten Verwandten, dem Schimpansen.

Dabei haben sich Mammut und Elefant im Laufe der Evolution ungefähr zeitgleich voneinander getrennt wie Mensch und Schimpanse, vielleicht sogar noch etwas früher.
Haare sind ideale DNA-Quelle
Bild: S.C. Schuster
Mammuthaar: dunkle Schutzhaare oben, rotbraune Unterwolle unten
Für die Analyse hatten die Forscher Haare von zwei sibirischen Mammutexemplaren mit den Nummern M4 und M25 verwendet.

M4 lag rund 20.000 Jahre im Eis, M25 sogar etwa 60.000. Haare sind eine ideale Quelle für sehr alte DNA, weil sie weit weniger mit Bakterien und Pilzen verunreinigt sind als etwa Knochen, wie Michael Hofreiter vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in einem begleitenden "Nature"-Beitrag schreibt.

Insgesamt konnten die Wissenschaftler 4,17 Milliarden Basenpaare sequenzieren, von denen sich 3,3 Milliarden (80 Prozent) als Mammut-DNA erwiesen.
Erst eine Arbeitsversion des Genoms
Anhand der Erbgutgröße des Afrikanischen Elefanten, dessen Genom fast anderthalb Mal so groß geschätzt wird wie das menschliche, rechnen die Forscher hoch, dass sie etwa 70 Prozent des Mammut-Erbguts entziffert haben.

Dabei stießen sie auch auf Gene, die in einem Vergleich von 50 verschiedenen Säugetierarten nur beim Mammut vorkommen.

Die jetzt vorliegende Arbeitsversion des Mammuterbguts sei allerdings noch zu lückenhaft und fehleranfällig, um daraus Standardgene dieser Tierart abzuleiten, betont Hofreiter.

Dennoch beflügelt die Arbeit Fantasien über die Wiederbelebung des Mammuts. So hatten japanische Forscher kürzlich erfolgreich Mäuse geklont, die ungeschützt 16 Jahre lang im Tiefkühlschrank lagen.
Der Knochenbau der Tiere
 
Bild: S.C. Schuster

Die verwendete Technik sahen sie auch als denkbaren Weg zur Wiedererweckung ausgestorbener Tierarten wie dem Mammut.

Im Bild oben ist zu sehen, wie wir die Tiere heute kennen - ausgestellt im Museum und reduziert auf ihren Knochenbau, in diesem Fall im Carnegie Museum of Natural History im amerikanischen Pittsburgh.
Die Schwierigkeiten der Wiederbelebung
"Nature" untersucht in einem weiteren Beitrag die Chancen, das Mammut mit moderner Biotechnologie wiederauferstehen zu lassen. Da bislang keine intakten Mammut-Zellkerne gefunden worden sind, müssten dazu zunächst künstliche Chromosomen hergestellt und in einen Zellkern gebracht werden - aus heutiger Sicht Science-Fiction.

Anschließend könnte mit Hilfe von Eizellen von Elefanten versucht werden, Mammuts zu klonen, die dann von den Elefanten-Leihmüttern ausgetragen werden müssten. Allerdings hat noch nie jemand versucht, einen Embryo künstlich in eine Elefanten-Gebärmutter einzusetzen, und auch die Gewinnung von Elefanten-Eizellen ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft.

Der gesamte Prozess ist "Nature" zufolge nach dem heutigen Stand der Technik unmöglich, ausgeschlossen ist er aber nicht.
"Mammut light" ist vorstellbar
Vergleichsweise einfach wäre es, ein "Mammut light" herzustellen, meint der Paläogenetiker Svante Pääbo in "Nature". Sobald die Bedeutung der Gene für Haarwuchs, Fellfarbe und Entwicklung der Stoßzähne bekannt ist, könnte ein Elefant gentechnisch derart modifiziert werden, dass er seinem historischen Vorgänger zumindest ähnlich sieht.

Das wäre zwar noch kein Mammut im Sinne einer Art, aber vielleicht etwas für einen eiszeitlichen Abenteuerspielplatz wie in "Jurassic Park". "Mehr als das kann ich mir Zeit meines Lebens nicht vorstellen", meint Svante Pääbo - und der ist heute 53 Jahre alt.

[science.ORF.at/dpa, 19.11.08]
->   Mammuts (Wikipedia)
->   Webb Miller Lab, Pennsylvania State University
->   Stephan Schuster, Pennsylvania State University
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Klonmaus aus der Tiefkühltruhe
->   Paläontologen: Es gab auch blonde Mammuts
->   Erbgut von Ur-Säuger rekonstruiert
 
 
 
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01.01.2010