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Europa: Bevölkerung schrumpft ohne Migration  
  Ohne Einwanderung wird Europa laut Demografen bis 2050 um 50 Millionen Menschen schrumpfen. Nach einer Analyse sind die nordischen Staaten und die Schweiz am besten für den demografischen Wandel vorbereitet.  
Am unteren Ende der Wertung finden sich weite Gebiete in Bulgarien, Rumänien und Polen, die vom radikalen Strukturwandel besonders betroffen sind, die der Abwanderung nichts mehr entgegenzusetzen haben und "regelrecht ausbluten" werden, heißt es in der am Montag in Brüssel vorgestellten Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung.

Auch der Osten Deutschlands, Teile Polens und die noch weiter östlich gelegenen Nicht-EU-Staaten Ukraine und Weißrussland werden demnach bis 2030 bis zu 18 Prozent oder mehr ihrer heutigen Bevölkerung verlieren.
Die Vorteile der nordischen Staaten
Unter Berücksichtigung der Demografie, der wirtschaftlichen Entwicklung, des Arbeitsmarktes, des Bildungssystems, der Klimapolitik und des Gesundheitssystems ist laut der Studie Island vor der Schweiz, Schweden, Norwegen und Dänemark am besten auf den demografischen Wandel vorbereitet.

Diese Staaten hätten hohe Fertilitätsraten, eine gute Beschäftigungsquote von Frauen und älteren Menschen, gute Bildungssysteme und eine Zuwanderung hoch-qualifizierter Arbeiter, sagte Studienautor Reiner Klingholz. Außerdem zeige die Studie eine klare Bevölkerungsverschiebung von Ost- nach Westeuropa.
Hohe Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Gut vorbereitet auf den demografischen Wandel seien vor allem Länder, die eine hohe Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleisten würden, sagte Klingholz. Die Studie zeige klar, dass die Geburtenrate umso höher sei, je höher die Beschäftigtenquote von Frauen sei.

Als weiteres Erfolgskriterium nannte der Wissenschaftler die Beschäftigung älterer Menschen, die in den nordischen Staaten stark ausgeprägt sei. Klingholz räumte allerdings ein, dass die aktuelle Finanzkrise, von der Island überproportional betroffen ist, noch nicht bei der Untersuchung berücksichtigt wurde.

Die Finanzkrise werde auch zu einer Rückkehr von osteuropäischen Gastarbeitern, die in den vergangenen Jahren nach Irland und Spanien auswanderten, in ihre Heimat führen, sagte Klingholz.
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Österreich steht vergleichsweise gut da
Die Autoren sehen Österreich als Hauptprofiteur der EU-Erweiterung und verorten es in dem europäischen Ranking unter 30 Staaten auf Platz elf. Die österreichische Bevölkerung wird nach den Vorhersagen der Demografen von 8,3 Millionen Menschen 2007 auf 8,5 Millionen im Jahr 2030 wachsen.
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Nur mehr 1,3 Kinder pro Frau in Polen
Nur wenige Nationen in Europa verzeichneten heute eine durchschnittliche Kinderzahl von 1,7 je Frau, bei der sich die Bevölkerung mit moderater Einwanderung noch stabil halten ließe, heißt es in der Studie.

Irland, Island, Frankreich, Belgien, die Niederlande und die nordischen Staaten sowie am Balkan der Kosovo, Albanien und Montenegro haben in Europa die höchsten Fertilitätsraten. Polnische Frauen dagegen bekommen dagegen nur durchschnittlich 1,3 Kinder.
Blue Card
Der österreichische Bevölkerungswissenschaftler Rainer Münz sagte, die von der EU vereinbarte "Blue Card" für koordinierte Arbeitsmarktbewilligungen für hoch qualifizierte Kräfte aus Drittstaaten sei zwar ein erster Schritt der EU im weltweiten Rennen um die besten Köpfe.

In den USA und in Kanada würden Arbeitskräfte aus Drittstaaten aber noch immer attraktivere Bedingungen vorfinden. "Die Blue Card" ist nicht großzügig genug", sagte er. Münz ist erst vor kurzem als Experte in den EU-"Weisenrat" bestellt worden, der bis 2010 Vorschläge für die langfristige Zukunft der Europäischen Union ausarbeiten soll.

[science.ORF.at/APA, 24.11.08]
->   Weitere Informationen zur Studie (Berlin-Institut)
 
 
 
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01.01.2010