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Wie Lachse nach Hause finden  
  Lachse und Meeresschildkröten orientieren sich auf ihren Reisen durch die Ozeane am Magnetfeld der Erde. Die Tiere verwenden den Magnetsinn möglicherweise auch, um an ihre Geburtsstätte zurückzukehren und sich dort zu vermehren.  
Jeder Platz der Erde ist einzigartig
Kein Ort der Erde gleicht einem anderen, wenn man das Erdmagnetfeld zur Orientierung heranzieht. Die Linien des Magnetfeldes verlaufen in unterschiedlichen Winkeln zur Erdoberfläche - am Äquator parallel, an den Polen rechtwinkelig. Zudem besitzt das Magnetfeld regional unterschiedliche Stärken.

Diese Einzigartigkeit von Orten auf der Erde könnte Lachsen und Meeresschildkröten helfen, zu ihrem Geburtsort zurückzufinden. So kann zum Beispiel eine Flussmündung, an der die Lachse ins offene Meer schwimmen, durch die Eigenschaften des Erdmagnetfeldes an dieser Stelle unverwechselbar sein. Die Tiere speichern möglicherweise einen Bild des elektromagnetischen Feldes und wissen so noch Jahre später, ob sie an der richtigen Flussmündung angekommen sind. Das berichten Kenneth J. Lohmann und seine Kollegen von der Universität in North Carolina in der Fachzeitschrift PNAS.
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Die Studie "Geomagnetic imprinting: A unifying hypothesis of long-distance natal homing in salmon and sea turtles" erscheint in den "Proceedings der National Academy of Sciences" (doi: 10.1073/pnas.0801859105).
->   Studie (sobald online)
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Futtersuche per Magnet
Lachse und Meeresschildkröten bewegen sich oft tausende Kilometer weit von ihrem Geburtsort weg. Manchmal ziehen sie auf vorgegebenen Routen durch die Ozeane. Dass die Tiere dabei das Magnetfeld zur Orientierung verwenden, ist schon länger bekannt. Sie finden so zum Beispiel zu nahrungsreichen Gewässern zurück, entkommen ungünstigen saisonalen Bedingungen in bestimmten Gebieten oder können Regionen meiden, in denen ihnen Räuber hart zusetzen. Bisher war jedoch den Studienautoren zufolge noch nicht bekannt, ob die Tiere auch mithilfe des Magnetfeldes zurück zu ihrem Geburtsort finden.

Von den Meeresschildkröten weiß man aus Versuchen, dass sie die Orientierung und die Stärke des Magnetfeldes wahrnehmen können. Von Lachsen wird dies vermutet, ist aber noch nicht bewiesen. Fest steht, dass Lachse Norden und Süden unterscheiden können. Das schaffen sie mittels Magnetitkristallen, die in ihrem Siebbein, einem Knochen des Hirnschädels, sitzen.
Feinsinniger Geruch
Die Orientierung am Erdmagnetfeld kann die Tiere jedoch nur annähernd wieder nach Hause führen. Von Lachsen weiß man, dass sie sich mir ihrem Geruch orientieren, um den genauen Geburtsort zu finden. Dies könne, so die Studienautoren, jedoch nicht über mehrere tausend Kilometer funktionieren. Daher vermuten die Forscher einen zweiten Sinn, der die Tiere über weite Strecken zumindest ungefähr nach Hause bringt.

Wie sich Meeresschildkröten auf dem letzten Stück ihrer Reise orientieren, ist noch unbekannt. Ebenso wenig ist derzeit geklärt, warum manche Tiere überhaupt zur Fortpflanzung wieder an den Ort ihrer Geburt zurückkehren. Auf dem Weg lauern viele Gefahren. Möglicherweise liegt es daran, dass die Tiere einen Platz, der einmal gut für die Fortpflanzung war, auch ein zweites Mal für tauglich erachten. Schließlich stellen Lachse und Meeresschildkröten ganz bestimmte Anforderungen an den Strand beziehungsweise das Wasser, in dem sich die Jungen entwickeln können. Um einmal gefundene optimale Bedingungen wieder zu nutzen, könnten sich die Strapazen der Reise evolutionär lohnen.
Kompass mit Lernfunktion
Das Magnetfeld der Erde verändert sich mit der Zeit. Lohmann und seine Kollegen haben daher anhand von Messungen der Änderungen des Magnetfeldes abgeschätzt, um welche Distanz die Tiere falsch liegen könnten. Tiere, die schon nach einigen Jahren wieder zurückkommen, könnten ihr Ziel um einige Kilometer verfehlen. Kehren die Tiere erst nach zehn oder 20 Jahren heim, könnte sie das veränderte Magnetfeld bis zu 100 Kilometer in die Irre führen.

Die Forscher vermuten aber, dass die Tiere die Abweichungen des Magnetfeldes bemerken könnten. So besucht etwa eine bestimmte Meeresschildkrötenart auch in jungen Jahren zur Futtersuche regelmäßig ihre Kinderstube. Dabei könnten die heranwachsenden Tiere Änderungen im Magnetfeld beobachten und ihren inneren Kompass adjustieren.
Nur wenige kehren zurück
Lohmann und seine Kollegen sprechen selbst nur von einer Hypothese. Ob die Tiere tatsächlich das Magnetfeld für ihre Laichwanderungen nutzen, müsse erst durch Beobachtungen bewiesen werden. Dies dürfte jedoch nicht allzu leicht werden, betonen die Autoren. Grund dafür ist die hohe Sterblichkeitsrate der wandernden Lachse und Meeresschildkröten. Nur etwa eines von 4.000 Tieren überlebt und schafft auch wieder den Weg zurück zur Geburtsstätte.

Mark Hammer, science.ORF.at, 2.12.08
->   Kenneth J. Lohmann
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01.01.2010