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Das Licht in den Ozeanen  
  Neben Pflanzen können auch Bakterien Sonnenlicht mit speziellen Farbstoffmolekülen einfangen. Nun hat man festgestellt, das diese Farbmoleküle denen des Menschen ähnlich sind. Bakterien mit einer solchen "Lichtmaschine" scheinen deshalb für die Meeresökosysteme dieser Welt eine wesentliche Rolle zu spielen.  
Jetzt konnten Forscher vom Monterey Bay Aquarium Research Institute feststellen, dass das bakterielle Photopigment Proteo-Rhodopsin in den Meeren viel häufiger zu finden ist, als man bislang angenommen hatte.

Bakterien, die über ein solches Lichtverarbeitungssystem verfügen, spielen wahrscheinlich eine wesentliche Rolle in marinen Ökosystemen, wie die aktuelle Ausgabe von "Nature" berichtet.
Entdeckung letztes Jahr
Forscherteams aus Kalifornien und New Jersey haben letztes Jahr unter der Oberfläche von Ozeanen jene Bakterienarten entdeckt, die Sonnenlicht direkt zur Energiegewinnung nutzen können. Eine Bakterienart nutzt das Protein - die Entdecker tauften es Proteo-Rhodopsin -, das mit dem Bacteriorhodopsin verwandt ist. Das Lichtenergie-speichernde Bacteriorhodopsin findet sich bei salz-toleranten Bakterien und Pilzen.
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DNA aus Seewasserproben analysiert
Mittels dieser Energiespeicherungssysteme können die Bakterien Sonnenlicht zur Energiegewinnung nutzen. Bislang war die Existenz solcher Bakterien an der Wasseroberfläche nur von wenigen Mikrobiologen vermutet worden. Die Entdeckungen beruhen auf neuen hochempfindlichen Methoden, bakterielle DNA direkt aus Seewasserproben analysieren zu können, ohne die Bakterien in Kultur anziehen zu müssen.
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Verteilung untersucht
Auf dieser Grundlage untersuchten die Wissenschaftler um Oded Béjà die Verteilung dieses Seh-Pigmentes in den Ozeanen. Dabei analysierten sie Bakterienproben aus verschiedenen Regionen des Pazifik bis zur Antarktis mittels spektroskopischen Methoden.

Dadurch zeigte sich, dass Proteo-Rhodopsin im Meer weit verbreitet ist. Die Analysen der Meeres-Forscher ergaben, dass die untersuchten Bakterien in etwa 24.000 Proteorhodopsin-Moleküle pro Zelle haben. Das ist ausreichend, um bei Sonneneinstrahlung genügend Energie zu produzieren.

Darüber hinaus existiert das Proteo-Rhodopsin in mehreren Versionen. In größeren Wassertiefen liegt das Spektrum seiner Licht-Absorption eher im kurzwelligen blauen Bereich. Mit dieser Strategie können sich die Bakterien optimal ihrer Umgebung anpassen, da in größeren Tiefen nur blaues Licht vordringt.
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Evolution des Lichtsammelsystems
Als für die ersten Bakterien vor Milliarden Jahren die energiereiche, organischen Moleküle knapp wurden, setzten sich aufgrund der Ressourcenknappheit Bakterienformen durch, die das Sonnenlicht als Energiequelle nutzen konnten. Hierfür bauten sie ein Molekül in ihre Membran, das Sonnenlicht absorbiert und dabei seine Gestalt verändert. Diese Gestaltänderung führt zum Herauspumpen von Protonen aus der Zelle. Den dabei entstehenden Protonengradienten nutzt die Zelle, um ATP - den universellen Energieträger ¿ herzustellen und damit Energie zu gewinnen.
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Ursprünglicher Mechanismus noch vorhanden
Diese Art der Energiegewinnung findet man heute noch bei einigen exotischen Urbakterien, sehr ursprünglichen Formen, die an extrem salzhaltigen Standorten vorkommen. Diese besitzen in ihrer Zellmembran ein Photopigment, das in seiner Struktur dem menschlichen Sehpigment Rhodopsin ähnlich ist.

Damit können die Sehzellen unserer Augen ebenfalls Licht aufnehmen. Die Wissenschaftler nannten das Molekül daher Bacterio-Rhodopsin, hielten jedoch die ökologische Bedeutung der damit versehenden Bakterien für unbedeutend - bis zur Entdeckung von Oded Béjà und seinen Kollegen.
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Rhodopsin
die lichtempfindliche Substanz der stäbchenförmigen Sehzellen des Menschenauges, aufgebaut aus einem bestimmten Carotinoid, das dem Vitamin A verwandt ist, und einer Eiweißkomponente, dem Opsin. Beim Sehvorgang wird die Bindung zwischen dem Carotinoid und dem Eiweiß gelöst. Auf einem komplizierten Reaktionsweg wird der Sehpurpur regeneriert.
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Bedeutender mikrobiologischer Prozess
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Bakterien, die in der Lage sind das Sonnenlicht zur Energiegewinnung zu nutzen - also organische Moleküle synthetisieren können - eine viel größere ökologische Bedeutung für die Meeresökosysteme haben Forscher bisher vermuteten.

"Unsere Daten deuten darauf hin, dass die auf Proteo-Rhodopsin basierende Phototrophie ein global bedeutender mikrobiologischer Prozess des Meeres ist, resümiert Oded Béjà.

(red)
->   Monterey Bay Aquarium Research Institute
Originalartikel in Nature( Nature 411: 786-789; 2001; kostenpflichtig) unter dem Titel "Proteorhodopsin phototrophy in the ocean".
->   Originalartikel in Nature
->   Mehr zu Rhodopsin
->   Mehr zu Bacterio-Rhodopsin
 
 
 
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01.01.2010