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Negative Erinnerungen verblassen im Alter  
  Ältere Menschen sehen die Vergangenheit oft positiver, als sie tatsächlich war. Forscher haben eine Erklärung für dieses Phänomen gefunden: Ältere Menschen setzen das Gehirn vermutlich anders ein als junge.  
Laut dem deutschen Neurologen Curt Beil verläuft besonders das Speichern von schlechten Erinnerungen unterschiedlich, was sich über die Messung der Gehirnaktivität nachweisen lasse.
Weniger negative Bilder
Beil verweist dabei auf eine aktuelle US-Studie, bei der jungen Testpersonen sowie Senioren im Durchschnittsalter von 70 Jahren Bilder von neutralen und von sehr negativen Ereignissen gezeigt wurden. Währenddessen wurde die Gehirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomografie überwacht.

Nach 30 Minuten wurden die Teilnehmer unerwartet gebeten, sich an die gezeigten Bilder zu erinnern. "Dabei stellte sich heraus, dass die älteren Teilnehmer sich an weniger negative Bilder erinnerten als die jüngeren Probanden", so der Neurologe.
Rationale Prozesse kontrollieren die Speicherung
Die Messungen zeigten eine vergleichbare Aktivität der Emotionszentren im Gehirn, die Interaktion dieser Regionen mit anderen Hirnbereichen war jedoch sehr unterschiedlich.

"Bei den älteren Personen war eine geringere Wechselwirkung zwischen der Amygdala, die im Zusammenhang mit Gefühlen steht, und dem Hippocampus, der bei Gedächtnisleistungen eine Rolle spielt, zu beobachten", erklärte Beil.

Gleichzeitig konnte man stärkere Interaktionen zwischen der Amygdala und dem sogenannten dorsolateralen frontalen Cortex beobachten. Dieser ist an höheren Denkprozessen, wie etwa dem Kontrollieren von Gefühlen, beteiligt. Bei den älteren Teilnehmern seien offenbar rationale Prozesse stärker an der Speicherung der emotionalen Eindrücke beteiligt als emotionale.
Gelassen bleiben
Frühere Untersuchungen hatten bereits gezeigt, dass alte Menschen ihre Gefühle besser kontrollieren können als jüngere: "Altere Menschen haben vermutlich aufgrund ihrer Lebenserfahrung gelernt, besser mit belastenden Ereignissen umzugehen und in emotionsgeladenen Situationen gelassener zu bleiben", erklärte der Mediziner.

Das Studienergebnis ist laut Beil auch ein wichtiger Beitrag zum besseren Verständnis von Depressionen und Angststörungen: Menschen mit diesen Erkrankungen falle es häufig schwer, mit emotional herausfordernden Situationen umzugehen. Zugleich litten sie oftmals unter belastenden Erinnerungen.

[science.ORF.at/APA/AP, 9.1.09]
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Gedächtnisprobleme im Alter mit Schlaf verbunden (29.7.08)
->   Studie: Menschen können Erinnerungen unterdrücken (12.7.07)
 
 
 
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01.01.2010