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"Naturschutz" zerstört Flora auf Umwegen  
  Im 19. Jahrhundert haben Seefahrer auf der Insel Macquarie im Südpolarmeer Katzen und Kaninchen eingeführt, die alsbald zu Umweltproblemen führten. Vor 40 Jahren versuchte man der Situation Herr zu werden und begann eine Serie von Rettungsmaßnahmen. Das Ergebnis: Die Eingriffe im Dienste des Naturschutzes führten erst recht zu einem ökologischen Desaster.  
Mehr als 24 Millionen australische Dollar (etwa zwölf Mio. Euro) sind einer aktuellen Studie zufolge nötig, um die Umweltschäden nun zu beseitigen. Wie Satellitenbilder zeigen, haben die hungrigen Kaninchen die natürliche Flora auf der Insel streckenweise ausgelöscht: "Wir schätzen, dass sich 40 Prozent der Insel verändert haben, 20 Prozent davon stark", sagt Studienautorin Dana Bergstrom von der Australian Antarctic Division.
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Die entsprechende Studie, "Indirect effects of invasive species removal devastate" ist im "Journal of Applied Ecology" (Bd. 46, S. 73) erschienen.
->   Journal of Applied Ecology
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Schwer entwirrbares Nahrungsnetz
"Alles hängt mit allem zusammen", lautet ein buddhistisches Sprichwort. Als ökologischer Lehrsatz wäre der Denkspruch allerdings ebenso geeignet, wie die gescheiterten Eingriffsversuche des Menschen auf der Insel Macquarie zeigen. Die Geschichte der ökologischen Katastrophe begann im 1878, als Kaninchen von Robbenfängern auf die etwa 34 Kilometer lange, zwischen Australien und der Antarktis gelegene Insel gebracht wurden.

Nachdem die Kaninchen eine hohe Zahl erreicht hatten, fingen Katzen an, diese zu jagen. Die Katzen waren bereits 60 Jahre zuvor nach Macquarie gelangt. Weil die Kaninchen die Insel dennoch allmählich kahlfraßen, wurden 1968 Flöhe ausgesetzt, welche die Nager mit sogenannten Myxoviren infizieren und damit töten sollten. Die Zahl der Kaninchen sank daraufhin tatsächlich von 130.000 (1978) auf weniger als 20.000 in den 1980er Jahren. Nun stürzten sich allerdings die Katzen in Ermangelung anderer Beutetiere auf einheimische Vögel.
Großflächige Schäden
 
Bild: Dana Bergstrom et al.

Daraufhin wurde Mitte der 80er ein Programm zur Ausrottung der Katzen gestartet - das letze Exemplar starb im Jahr 2000. Das Resultat: Nun wuchs die Zahl der Kaninchen wieder so stark an, dass die Nager innerhalb weniger Jahre große Areale der Insel förmlich kahlfraßen. Als Beispiel präsentiert Dana Bergstrom einen von üppigen Farnen bewachsenen Hang im Jahr 2001 (Bild oben links). Sechs Jahre später war von der ursprünglichen Flora nichts mehr übrig (rechts).

"Die Kaninchen haben enorme Schäden angerichtet. Vielschichtige Vegetation wurde zu abgegrasten und kahlen Flächen ", sagt Bergstrom. "Unsere Studie zeigt, dass zwischen 2000 und 2007 große Zerstörungen am Ökosystem angerichtet und jahrzehntelange Naturschutzarbeit aufs Spiel gesetzt wurden." Naturschutzbehörden sollten daraus lernen, dass Eingriffe umfassend sein müssen. Ansonsten werde der intendierte positive Effekt durch Folgewirkungen zunichte gemacht oder sogar in sein Gegenteil verkehrt.
Bedrohtes Weltnaturerbe
Die Insel Macquarie gehört wegen ihrer geologischen Bedeutung seit 1997 zum Weltnaturerbe: Es ist der einzige Ort auf unserem Planeten, auf dem Gesteinsbrocken aus dem Mantel der Erde hervortreten. In dem kühlen und maritimen Klima wachsen Pflanzen, wie sie ähnlich auch in der Tundra vorkommen. Das Eiland liegt etwa 1.500 Kilometer südöstlich von der größten australischen Insel Tasmanien.

[science.ORF.at/APA, 13.1.09]
->   Australian Antarctic Division
->   Macquarieinsel - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010