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Triceratops, Hirsch der Kreidezeit  
  Triceratops ist einer der prominentesten Vertreter der Dinosaurier, wozu er seine drei großen Hörner besaß, war bisher allerdings unklar. Eine Untersuchung seiner Schädelknochen zeigt: Er kämpfte damit offenbar gegen Artgenossen - ähnlich wie das heute Hirsche und Antilopen tun.  
Das Duell mit T-Rex
Er sieht zwar ein wenig aus, als hätte Hieronymus Bosch aus Nashorn, Reptil und Hirschkäfer eine neue Tierart gebastelt, doch Triceratops war ganz real, fünf Tonnen urzeitliche Wirklichkeit.

Mehrere Millionen Jahre lang streifte die acht Meter lange Riesenechse durch nordamerikanische Farn- und Palmenwälder und hätte das wohl noch einige Millionen Jahre länger gemacht, wenn nicht ein Asteroideneinschlag am Ende der Kreidezeit (so die wahrscheinlichste Variante) ihrem Dasein ein Ende gesetzt hätte.

Im Gegensatz zur Frage des Aussterbens war bislang nicht geklärt, warum Triceratops einen so aufwändigen Kopfschmuck besaß, bestehend aus einem Nashorn, einem ausladenden Nackenschild sowie zwei mächtigen Überaugenhörnern. Die bekannteste Hypothese zu dieser Frage hat sich auch als Motiv der Popkultur verfestigt, und zwar als Duell zwischen Tyrannosaurus, dem Prädator par excellence, und seinem defensiven Widersacher aus der Riege der Pflanzenfresser (siehe etwa hier).

Demzufolge diente der Kopfschmuck der Verteidigung - der Schild als Schutz vor von oben angetragenen Bissen, die Hörner als Konterwaffe.
Imponierende Auswüchse
Das ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit: So wurde beispielsweise vorgeschlagen, die markante Knochenkonstruktion habe gar nichts mit Kampf zu tun gehabt, sondern sei lediglich ein visuelles Signal für Konkurrenten gewesen, das die Fitness ihrer Träger öffentlich zur Schau stellen sollte.

Derlei Imponiergehabe ist im Tierreich keine Seltenheit - man denke etwa an Winkerkrabben oder Pfauenvögel, insofern ist die Vermutung nicht völlig unplausibel. Variante Nummer drei ist, dass der Kopfschmuck sehr wohl dem Kampf gedient hat, allerdings nur in der Auseinandersetzung mit Artgenossen.

"Paläontologen debattieren nun schon seit vielen Jahren über die Frage, was die Funktion der bizarren Schädelknochen gewesen sein mag", sagt Andrew Farke vom Raymond M. Alf Museum in Claremont, Kalifornien. "Aber unglücklicherweise können wir nicht einfach rausgehen und Triceratops in der freien Wildbahn beobachten."
Spuren von Rangkämpfen
Was man immerhin machen kann, ist: in die Museen dieser Welt gehen und die versteinerten Überreste der ausgestorbenen Spezies unter dem Mikroskop betrachten. Das hat nun Farke getan, knapp 70 Triceratops-Schädel sowie 80 Schädelknochen eines nahen Verwandten namens Centrosaurus analysierte er mit zwei Kollegen. Letzteren zu Vergleichszwecken, er besaß nämlich ebenfalls ein Schild plus drei Hörner, jene über den Augen waren aber relativ klein.

"Wenn Triceratops und Centrosaurus ihren Kopfschmuck nur zum Protzen verwendet haben", sagt Farke, "dann sollte man bei Verletzungen keine Unterschiede zwischen den beiden Arten erwarten." Auf dem halbrunden Nackenschild gab es indes beträchtliche Unterschiede, Triceratops war an dieser Stelle zehn Mal so häufig verwundet worden, berichtet Farke im Fachblatt "PLoS ONE" (4(1): e4252).
Die Schweizermesser-Hypothese
 
Bild: Andrew Farke et al.

Seine Conclusio: "Die wahrscheinlichsten Verursacher all dieser Wunden sind Triceratops-Hörner. Vermutlich haben die Tiere ihre Hörner verhakt und dann miteinander gerungen, ähnlich wie das Antilopen und Hirsche tun."

Die letzten beiden Tierarten üben sich allerdings in der gepflegten Variante der innerartlichen Auseinandersetzung, dem Kommentkampf, bei dem Verletzungen eher die Ausnahme sind. Ob es auch beim Triceratops so war, lässt sich schwer sagen, auszuschließen ist es laut Farke jedenfalls nicht.

Über die Funktion von Schild und Hörnern ist dennoch nicht das letzte Wort gesprochen, denn schließlich könnten sie neben Rangkämpfen auch noch anderen Zwecken gedient haben. Diese Sicht findet auch Farke am vernünftigsten: "Ich stelle mir dem Kopfschutz von Triceratops gerne als eine Art Schweizermesser vor. Er konnte ihn vermutlich zu allem verwenden, wonach ihm der Sinn stand. Also: Kämpfen, Verteidigen und Protzen."

Robert Czepel, science.ORF.at, 28.1.09
->   Andrew Farke
->   Triceratops - Wikipedia
->   Triceratops - Cleveland Museum of Natural History
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01.01.2010