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Prähistorische Riesenschlange lebte im Treibhaus  
  13 Meter und 1,1 Tonnen, so lang wie ein Bus und schwer wie ein Kleinwagen: Das sind die Körpermaße der Titanoboa cerrejonensis - vermutlich die größte Schlange, die je gelebt hat. Anhand von Fossilien haben Forscher die Größe des Tieres berechnet, das nach dem Aussterben der Dinosaurier in den Dschungeln Mittelamerikas heimisch war.  
Die gewaltigen Ausmaße deuten darauf hin, dass es im tropischen Regenwald vor 60 Millionen Jahren deutlich wärmer gewesen sein muss als heute.
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Die Studie "Giant boid snake from the Palaeocene neotropics reveals hotter past equatorial temperatures" von Jason J. Head et al. ist in der aktuellen Ausgabe von "Nature" (Bd. 457, 5. Februar 2009, DOI: 10.1038/nature07671) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie
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Länger als alle bekannten Schlangen
 
Bild: Jason Bourghe/University of Florida

Künstlerische Illustration der Schlange

Das internationale Forscherteam rund um Jason J. Head von der University of Toronto hatte Teile des Rückgrats eines Wirbeltieres in einem Kohletagbau bei Cerrejón im Norden Kolumbiens ausgegraben. Die Funde ließen auf eine Schlange aus der Verwandtschaft der Boas schließen. Die Ausmaße des Reptils schätzten die Wissenschaftler, indem sie das Verhältnis des Rückgrats zur Länge und Masse heute lebender Schlangen auf das Fossil umlegten.

Demnach muss das Tier etwa 13 Meter lang und 1.135 Kilogramm schwer gewesen sein und ist somit die größte aller bekannten Schlangen. Heutige Boas oder Anakondas erreichen im Vergleich nur sieben bis neun Meter Länge. Aufgrund der Größe und ihres Fundorts wurde die Schlange auf den Namen Titanoboa cerrejonensis getauft.

Neben den außergewöhnlich großen Schlangenknochen wurden auch Überreste von riesigen Schildkröten und krokodilähnlichen Tieren - vermutlich die Beute der Titanoboa - gefunden, außerdem noch versteinerte Pflanzen des ältesten bekannten Regenwaldes in Amerika.
Deutlich wärmer als heute
Das Schlangenfossil liefert laut den Forschern nun erstmals Hinweise auf die klimatischen und ökologischen Bedingungen der südamerikanischen Tropen dieser Epoche, nachdem die Dinosaurier ausgestorben waren und aus der es bis jetzt kaum Funde gab.

Die Größe von Reptilien hängt stark von der Temperatur ihres Lebensraums ab. Je heißer es ist, desto größer sind sie in der Regel. Für die Riesenschlange nehmen die Forscher daher eine Umgebungstemperatur von 30 bis 34 Grad Celsius an, Bedingungen wie in einem Gewächshaus. Dies sind etwa drei bis vier Grad mehr als in heutigen tropischen Regenwäldern.
Umweltbedingungen prägen Ökosysteme
Bild: Ray Carson
Wirbel einer Anakonda neben einem Wirbel der Titanoboa
Die Daten erhärten laut dem Forscherteam Klimamodelle, die für die Zeit nach dem Aussterben der Saurier einen starken Treibhauseffekt mit hoher Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre annehmen.

"Tropische Ökosysteme vor 60 Millionen Jahren waren überraschenderweise völlig anders", so der Paläontologe und Mitautor der Studie Jonathan Bloch von der University of Florida. Ein heutiger Regenwald wäre bei solchen Temperaturen nicht lebensfähig.

Auch im Hinblick auf den prognostizierten Klimawandel, der nach jetziger Entwicklung in diesem Jahrhundert die Erdtemperatur um 1,8 bis vier Grad ansteigen lassen soll, liefert die Studie laut den Wissenschaftlern Erkenntnisse. "Durch die Daten gibt es neue Hinweise, wie sich die gegenwärtige Erwärmung auf tropische Pflanzen und Tiere auswirken könnte", so der Paläobotaniker Carol Jaramillo vom Smithsonian Tropical Research Institute. Ob nun alle wechselwarmen Tiere zu Riesenmonstern werden, darauf wollen sich die Forscher nicht festlegen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 4.2.09]
->   Jason J. Head
->   Jonathan I. Bloch
->   Carlos Jaramillo
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01.01.2010