News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Die zwei Gesichter des Vitamin C  
  Das wohlbekannte Vitamin C hat zwei Seiten: Es fängt in den Zellen zwar bestimmte chemische Substanzen (freie Radikale) ab, die das Erbgut schädigen können. Zugleich fördert es aber auch Reaktionen, die das Erbmaterial zerstören können.  
Dies könnte erklären, warum Vitamin C(Ascorbinsäure) im Kampf gegen Krebs weniger effektiv wirkt als bisher gehofft, schreiben Wissenschafter in der US-Fachzeitschrift "Science".

Die Ergebnisse bedeuten nach Meinung von Ian Blair vom Zentrum für Krebs-Pharmakologie der Universität von Pennsylvania allerdings nicht, dass Vitamin C selbst Krebs erzeugt, und seien kein Grund, seinen wissenschaftlich gesicherten Beitrag zu einer gesunden Ernährung in Frage zu stellen.
Freie Radikale schädigen Erbgut
Fortlaufend bildet unser Körper instabile Teilchen mit freien Elektronen. Diese so genannten freien Radikale spielen sowohl für die normalen Zellfunktionen als auch bei der Vernichtung von Fremdkörpern eine wichtige Rolle. Doch der Körper muss ihre Konzentration streng kontrollieren, denn die äußerst reaktionsfreudigen Verbindungen bedrohen auch gesunde Zellen. Sie entreißen das ihnen fehlende Elektron einem anderen Molekül, das dadurch selbst zu einem freien Radikal wird.

Diese schädigen das Erbgut nicht nur direkt, sondern auch über eine Kette von Reaktionen. Die Forscher untersuchten nun im Reagenzglas die Wirkung von Vitamin C im Zusammenhang mit dem Auftreten freier Radikale und deren erbgutschädigender Wirkung.
...
Freie Radikale
organische und anorganische Verbindung bzw. Molekülrest, Atom oder Ion, die ein einsames ungepaartes Elektron aufweisen. Darauf beruht die große Reaktionsfähigkeit bzw. die Kurzlebigkeit der Radikale. Im Stoffwechsel sind Radikale als Zwischenprodukte nahezu allgegenwärtig. Radikale verursachen u. a. genetische Defekte, die zu Krebs und erblichen Schäden führen können. Radikale sind auch für biologische Strahlenschäden verantwortlich. Derartige Radikale versucht man mit sog. Antioxidantien zu bekämpfen. In der Haut übernehmen Melanine diese Aufgabe. Ein weiterer wichtiger Radikalfänger im lebenden Organismus ist Vitamin E und C.
...
Indirekte Wirkung ebenso gefährlich
Diese freien Radikale gefährden das Erbgut aber auch indirekt: Ihre Zerstörung beginnen sie mit der Umwandlung von Linolsäure, der mehrfach ungesättigten und wichtigen Fettsäure im menschlichen Plasma, in eine chemische Verbindung namens Lipidhydroperoxid. Diese reagiert in Gegenwart bestimmter Metall-Ionen zu einem so genannten "Genotoxin" - einer Substanz, die krebsauslösende Veränderungen an den Genen bewirken kann.

Die Wissenschaftler gehen jetzt davon aus, das der
Radikalfeind Vitamin C auch selbst für die Produktion von Genotoxinen verantwortlich sein kann. Zur Untermauerung ihrer These fügten Ian Blair und seine Kollegen Lipidhydroperoxid Vitamin C hinzu; jener Substanz, die sich mit geladenen Metallteilchen in die krebserregenden Genotoxinen verwandelt.

Im Labor verwendeten sie eine Konzentration, die der im menschlichen Körper entspricht, wenn man davon ausgeht, dass eine Person täglich 200 Milligramm Vitamin C zu sich nimmt.
...
Vitamine und Vitamin C
lebensnotwendige Wirkstoffe deren Vorhandensein für die Aufrechterhaltung aller Lebensvorgänge notwendig ist. Eingeteilt werden sie in fettlösliche Vitamine (Vitamin A, D, E, K) und wasserlösliche Vitamine (Vitamine der B-Gruppe, Vitamin C und H). Vitamine entfalten ihre verschiedenen Wirkungen in enger Wechselwirkung mit den Enzymen und Hormonen, von denen sie sich dadurch unterscheiden, dass sie vom Körper nicht selbst gebildet werden können. Außerdem aber haben einzelne Vitamine besondere Wirkungen. So sind z. B. Infektionskrankheiten keine Vitaminmangelkrankheiten, Vitamin C aber erhöht die Infektionsabwehrkräfte des Organismus und wird entsprechend therapeutisch angewendet.
->   Mehr zu Vitamin C
...
Verdacht bestätigt
Der Verdacht der Forscher bestätigte sich: Vitamin C war mehr als doppelt so wirksam wie jene Metallionen, die die Bildung von Genotoxinen verursachen. Darunter befand sich sogar eine besonders aggressive Version.

"Diese Studie soll weder als Warnung aufgefasst werden, dass Ascorbinsäure Krebs verursacht, noch stellt sie eine ausgewogene, Vitamin-C-reiche Ernährung in Frage", betont Blair.
Wenig erfolgreich bei Krebsbekämpfung
Die Daten der amerikanische Forscher liefern vielmehr eine mögliche Erklärung für das Phänomen, dass Vitamin C in klinischen Studien bislang wenig Erfolge im Kampf gegen Krebs zeigte.

Im einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, ob Vitamin C auch in lebenden Zellen bedeutende Mengen an Genotoxinen produziert und ob diese krebsauslösende Veränderungen im Erbgut hervorrufen.

(red)
->   Center for Cancer Pharmacology an der University of Pennsylvania
Originalartikel in 'Science' ((Bd. 292, S. 2083; kostenpflichtig) unter dem Titel "Vitamin C-Induced Decomposition of Lipid Hydroperoxides to Endogenous Genotoxins".
->   Originalartikel in 'Science'
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010