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SMSen macht nicht dumm  
  Abkürzungen, wie sie vor allem von jungen Menschen in elektronischen Textmitteilungen verwendet werden, sind laut einer aktuellen britischen Studie doch kein Zeichen für Sprachverfall.  
Im Gegenteil: Laut den Psychologen geht die häufige Verwendung derartiger Kurzformeln sogar mit einer hohen Lese- und Schreibfähigkeit einher.
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Die Studie "Exploring the relationship between children's knowledge of text message abbreviations and school literacy outcomes" von Beverly Plester et al. ist in der aktuellen Ausgabe des "British Journal of Developmental Psychology"(Bd. 27, März 2009, DOI: 10.1348/026151008X320507) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie
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Beachtliches Repertoire
"CU" für "See you", "BTW" für "By the way" und "LOL" für "Laugh out loud", so lauten drei der bekanntesten englischen, aber weltweit verwendeten Abkürzungen. Auch für das Deutsche gibt es schon ein beachtliches Repertoire an Kurzformeln, darunter weniger originelle Akronyme wie "HDL" für "Hab dich lieb" oder "UAWG" für "Um Antwort wird gebeten", aber auch so lustig klingende Neubildungen wie "MUMIDIRE" für "Muss mit dir reden".

Längst existieren im Internet eigene Wörterbücher, die versuchen den kompletten Umfang des täglich wachsenden "SMS-Neusprechs" zu erfassen. Was für die ältere Generation mitunter befremdlich wirkt, ist für den jungen Menschen mittlerweile fixer Bestandteil des kommunikativen Alltags.

Für sprachkonservative Menschen ist das blühende Feld an neuen Abkürzungen Anlass zu Kritik: Die reduzierte Sprache, die aus der effizienten Nutzung des beschränkten Textfeldes entstanden ist, wirke sich negativ auf die Sprachkompetenz aus und führe zu einer sprachlichen Verarmung.
Bessere Leser verwenden mehr Abkürzungen
Ob das tatsächlich zutrifft, wollte das Team rund um Beverly Plester von der Coventry University in ihrer aktuellen Studie nun überprüfen. 88 Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jahren haben daran teilgenommen. Sie mussten Textnachrichten für zehn verschiedene Szenarios schreiben.

Die Forscher analysierten die Kurztexte auf die Verwendung von Abkürzungen und erhoben das Verhältnis zur absoluten Anzahl an Worten. Außerdem mussten die Kinder einen Fragebogen zu ihrem Mobiltelefongebrauch ausfüllen. Parallel testeten die Psychologen die sprachlichen Fähigkeiten der kleinen Teilnehmer.

Die Untersuchung ergab, dass diejenigen, die die meisten Abkürzungen verwendet haben, bessere Leser waren. Sie hatten auch einen größeren Wortschatz und mehr lautmalerische Kenntnisse, unabhängig von individuellen Unterschieden wie etwa dem Alter. Es hatte auch keinerlei Einfluss, wie lange sie schon ein Mobiltelefon hatten.
Spielerischer Umgang
Unklar ist allerdings, ob die Abkürzungen die Lese- und Sprachfähigkeiten steigern oder ob umgekehrt bessere Leser diese Kurzformen häufiger verwenden. Die vorläufigen Ergebnisse einer weiteren Studie legen ersteres nahe, so Plester gegenüber dem "New Scientist".

Sie hat auch eine mögliche Erklärung, warum das so sein könnte: Ihrer Meinung zufolge haben die meisten Abkürzungen eine phonetische Grundlage, zumindest gilt das für das Englische (z.B.: GR8 für "great"). Laut der Forscherin spielt phonologisches Bewusstsein eine wichtige Rolle beim Lesen.

Außerdem fördere die Auseinandersetzung mit geschriebener Sprache - in welcher Form auch immer - sprachliche Kompetenzen. Und genau das tun die Kinder und Jugendlichen, wenn sie Abkürzungen verwenden und ihnen das Ganze dabei auch noch Spaß macht.

[science.ORF.at, 23.2.09]
->   New Scientist
->   Beverly Plester
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01.01.2010