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Pferdezucht gab es schon vor 5.500 Jahren  
  Bereits vor etwa 5.500 Jahren sind erstmals Menschen durch die Steppen Asiens geritten. Pferde dürften damit 1.000 Jahre früher gezähmt worden sein als bisher angenommen. Zugleich haben die Menschen der Botai-Kultur im heutigen nördlichen Kasachstan auch Pferdemilch getrunken. Die Europäer haben Pferde erst 2.000 Jahre später genutzt.  
Suche nach dem Ursprung
Bisher konnte die Wiege der domestizierten Pferde nicht eindeutig geklärt werden. Die Botai-Kultur in der eurasischen Steppe galt aber schon lange als guter Kandidat. Tierische Spuren der Kultur bestanden fast ausschließlich aus Überresten von Pferden.

Auch Werkzeuge und eine halb-sesshafte Siedlungsstruktur wiesen eher auf domestizierte Tiere hin als auf eine jagende Gesellschaft. Als sicherer Beweis galt dies jedoch nicht. Nun hat ein internationales Forscherteam um Alan Outram von der britischen Universität Exeter drei weitere Hinweise vorgelegt, die für die Botai-Kultur als die ersten Pferdezüchter sprechen.
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Die entsprechende Studie "The Earliest Horse Harnessing and Milking" ist am 6.3.09 in "Science" (Bd. 323, S. 1332) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Beweise: Knochen, Bissspuren und Tonschalen
 
Bild: Science/AAAS

Backenzahn eines männlichen Botai-Pferdes. Die sichtbaren Spuren, die durch Zahnschmelz und -zement ziehen, treten nur bei Tieren mit Zaumzeug auf.

Zunächst verglichen die Forscher Fußknochen der Botai-Pferde und stellten fest, dass sie jenen von domestizierten Pferden aus der Bronzezeit (etwa 3.000 - 1.000 v. Chr.) deutlich ähnlicher waren als jenen von Wildpferden aus der Region. Zudem fanden Outram und seine Kollegen an einigen Zähnen der Botai-Pferde Abnutzungsspuren, die auf die Verwendung eines Zaumzeuges schließen lassen.

Schließlich untersuchten die Forscher auch Isotope von Fettresten aus Keramikschalen der Botai-Kultur. Sie zeigen, dass in den Schalen Pferdemilch aufbewahrt worden war. Damit ist klar, dass die Bewohner von Botai zumindest einige Pferde gezähmt, deren Fleisch gegessen und deren Milch getrunken haben. Zudem dürften sie die Tiere zum Reiten genutzt haben, betonen Outram und seine Kollegen.
Reittier und Milchquelle
 
Bild: Alan K. Outram

Melken einer Pferdestute in einem Dorf im Norden Kasachstans.

Herden von Wildpferden leben seit tausenden Jahren in den Steppen Zentralasiens und wurden von Menschen bereits vor der Domestizierung gejagt. Domestizierte Pferde haben gegenüber Kühen, Schafen oder Ziegen einige Vorteile: Sie sind angepasst an harte Winter und können das ganze Jahr über grasen - auch durch die Schneedecke hindurch. Kühe, Schafe und Ziegen müssen im Winter hingegen mit Futter versorgt werden.

Milch von Pferden wird in den Ländern der zentralasiatischen Steppen noch heute getrunken. Daraus wird etwa Kumys hergestellt, ein alkoholhaltiges Getränk aus vergorener Stutenmilch.
Historische Bedeutung
Die Domestizierung des Pferdes hat den Lauf der gesamten Menschheitsentwicklung verändert - von der Fortbewegung über die Kommunikationswege bis hin zur Kriegsführung. Die nun veröffentlichten Ergebnisse legen nahe, dass Pferde domestiziert wurden, lange bevor sich in der Botai-Region Landwirtschaft etabliert hat. Damit gehört die Domestikation von Pferden nicht zu einem "landwirtschaftlichen Paket", sondern ist unabhängig vom Ackerbau entstanden, wie die Autoren schreiben.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Pferde schon etwa 1.000 Jahre früher als angenommen domestiziert wurden", erklärt der Forscher. "Das verändert unsere Sicht darauf, wie sich diese frühen Gesellschaften entwickelt haben."

[science.ORF.at/dpa, 5.3.09]
->   Alan K. Outram
->   science.ORF.at-Archiv zu Pferden
 
 
 
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01.01.2010