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Affen planen ihre Attacken  
  Es kommt vor, dass Affen im Zoo ihre Besucher mit Dreck oder Steinen bewerfen. Für die Opfer mag das unangenehm sein, für Forscher ist es aber auch ein Zeichen für planende Intelligenz.  
Ein besonders schönes Beispiel dafür präsentiert nun schwedische Wissenschaftler: Im Zoo von Furuvik konnten sie mehrmals beobachten, wie der Schimpanse "Santino" bereits in der Früh ein "Waffenlager" anlegte, obwohl er es erst Stunden später, nach der Öffnung des Zoos, benutzte.
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"Spontaneous planning for future stone throwing by a chimpanzee male" von Mathias Osvath et al. ist in der aktuellen Ausgabe von Current Biology" (Bd.19, 10. März 2009) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie
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Kaum Belege für Vorausplanung
Im Voraus zu planen, gilt als genuin menschliche Fähigkeit. Tiere hingegen handeln grundsätzlich aus dem Moment, so die weit verbreitete Annahme. Laut Mathias Osvath von der Lund University gibt es zwar einige Beobachtungen, die nahe legen, dass viele Affen auch planen.

Aber wenn etwa ein Schimpanse einen Ast abbricht, um nach Termiten zu fischen, könnte das genau so gut eine Reaktion auf die momentanen Umständen, also nicht unbedingt ein Zeichen für echtes vorausschauendes Denken sein. Auch Laborergebnisse, die auf Planung deuten, könnten laut dem Forscher experimentelle Zufallsprodukte sein.
Exakt geplanter Angriff
Deswegen sei der Fall des Schimpansen Santino so speziell. Der dominante Affe hatte demnach wiederholt zu planvollen Handlungen gegriffen. Diese fanden stets in einem ruhigen ausgeglichenen Zustand statt. Frühmorgens - nachdem er sein Gehege verlassen, aber lang bevor der Zoo seine Tore geöffnet hatte, sammelte er Steine und fertigte wurfgerechte Scheiben aus großen Betonplatten. Beides hortete er an einer bestimmten Stelle, in der Nähe der zu erwartenden Besucher.

Stunden später war der Schimpanse hocherregt. Um seine Dominanz zu zeigen, baute er sich vor den mittlerweile eingetroffenen Besucher auf und bewarf diese mit den vorher vorbereiteten Wurfgeschoßen. Nachdem dieses Verhalten immer häufiger auftauchte, nämlich gezählte 50 Mal, musste der Zoo Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um seine Gäste nicht zu gefährden.
Vorausschauendes Handeln
Dass sich der Affe während der Vorbereitung in einem so deutlich anderen Zustand befunden hatte, deutet der Forscher als eindeutiges Signal für Planung. Der Affe wusste sozusagen, in welcher Erregung er später sein würde und dass er dann die "Waffen" gut gebrauchen konnte. Niemals hatte das Tier die Steine für andere Zwecke verwendet und im Winter, wenn der Zoo geschlossen war, trat das Verhalten erst gar nicht auf.

"Die Beobachtungen zeigen, dass Menschenaffen ihre Zukunft in einer Recht komplexen Weise mit bedenken", so Osvath. Das Tier habe offenbar nicht nur ein Ereignis vorweg genommen. Es habe auch die dafür notwendigen Werkzeuge gesucht und auch angefertigt.

"Das alles legt nahe, dass sie ein relativ hoch entwickeltes Bewusstsein haben und potenzielle Ereignisse lebensecht antizipieren können", so der Forscher. Er vermutet sogar, dass vor allem wilde Schimpansen - die ja in einer weitaus gefährlicheren und komplexeren Welt leben - einen großen Teil ihres täglichen Verhaltens planen.

[science.ORF.at, 10.3.09]
->   Lund University
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01.01.2010