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Impfmüdigkeit durch Internet  
  Im Internet werden zahlreiche kontroverse Diskussionen zu Impfrisiken geführt. Deutsche Forscher haben nun den Zusammenhang von Impfkritik im Internet und tatsächlichen Impfverhalten untersucht.  
Die Präventionsziele der WHO - beispielsweise die Ausrottung der Masern bis 2010 in Europa - sind laut den Forschern von der Universität Erfurt nicht unwesentlich durch Impfgegner bedroht.
Das Internet als medizinische Informationsquelle
Das Internet ist ein immer häufiger auch zur Suche nach medizinischen Informationen genutztes Medium. Verschiedene Publikationen machen es für einen Rückgang von Impfquoten verantwortlich.

Daher haben die Wissenschaftler vom Zentrum zur empirischen Analyse gesellschaftlich relevanter Fragestellungen nun untersucht, inwiefern der Besuch impfkritischer Internetseiten die Wahrnehmung von Risiken des Impfens und des Nicht-Impfens beeinflusst.
Emotionale Botschaften
Über einen Zeitraum von einem Monat wurde eine Online-Studie durchgeführt, bei der über 300 Probanden impfkritische und neutrale Kontrollseiten besuchten. Anschließend wurde die Risikowahrnehmung und Impfintention der Teilnehmer erfasst. Das Team rund um die Psychologin Cornelia Betsch kam zum Schluss, dass bereits eine kurze Suche auf impfkritischen Seiten im Internet zu einer erheblichen Veränderung in der Risikowahrnehmung führen kann.

Besonders persönliche Elternberichte über angebliche negative Folgen des Impfens, wie man sie in Internetforen oder auf impfkritischen Seiten finden kann, beeinflussen die Risikowahrnehmung. Dieser emotionale Zugang ist eine Erklärung der Forscher für die hohe "Wirksamkeit" der impfkritischen Argumente.

"Die Intention, dem eigenen Kind vier der empfohlenen sechs Impfungen zukommen zu lassen, sanken nach der Suche auf der impfkritischen Seite signifikant ab", so Cornelia Betsch.
Risikoeinschätzung deutlich verändert
Laut den Forschern schätzten die Probanden Impfen nach dem Besuch impfkritischer Seiten generell als risikoreicher ein, wohingegen sie das Unterlassen der Impfung danach als weit weniger riskant einstuften. Interessanterweise war diese Tendenz unabhängig vom Suchfokus, sprich egal, ob nach den Risiken des Impfens oder des Nicht-Impfens gesucht wurde.

Bei den Besuchern der Kontrollseite, einer öffentlichen Seite für gesundheitliche Aufklärung, veränderte sich im Gegensatz dazu nur die Einschätzung des Impfrisikos.
Auch eine Frage von Google
Ein interessantes Detail am Rande: Bei der Google-Suche zum Stichwort "Impfen" rangiert die für die Studie verwendete impfkritische Seite eines Schweizer Homöopathen auf Rang zwei, die Kontrollseite der deutschen Bundeszentrale für Aufklärung hingegen lediglich auf Rang 27.

Laut den Forschern auch ein möglicher Ansatzpunkt gegen die allgemeine Impfmüdigkeit: Öffentliche Einrichtungen sollten dafür Sorge tragen, höhere Plätze bei beliebten Suchmaschinen zu erreichen.

[science.ORF.at/idw, 16.3.09]
->   Cornelia Betsch
 
 
 
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01.01.2010