News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klimawandel: Eisendüngung scheitert an Krebsen  
  Die künstliche Düngung der Weltmeere mit Eisen kann die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Luft offenbar kaum vermindern, wie Experimente zeigen.  
Bei der jüngsten Reise des deutschen Forschungsschiffs "Polarstern" hatten Wissenschaftler die Auswirkung der Eisendüngung im stürmischen Südatlantik untersucht. Zur Überraschung der Forscher vereitelten gefräßige Krebse die Kohlenstoffbindung im Meer, teilte das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Berlin mit.
"Die aufregendste Fahrt meiner Karriere"
Unter Meeresschützern war die Forschungsfahrt der "Polarstern" umstritten. Einige unterstellten, dass die Wirtschaft nur nach einer billigen Lösung zur CO2-Entsorgung im Meer suche. Diesem Vorwurf traten die Forscher nun mit wissenschaftlichen Argumenten entgegen: In den untersuchten kieselsäurearmen Gewässern hatte die Eisendüngung fast keinen Effekt auf die CO2-Konzentration der Luft. Da drei Viertel aller Weltmeere arm an Kieselsäure seien, funktioniere die Idee der Eisendüngung großflächig also eher nicht.

"Das war die aufregendste Fahrt meiner Karriere", bekannte Victor Smetacek (63), Biologe des AWI in Berlin. Als sich der politische Sturm gegen das Experiment gelegt habe, sei der Sturm auf See erst richtig losgebrochen. Bei Windgeschwindigkeiten bis zu 120 Stundenkilometern musste die "Polarstern" zweimal kurz aus ihrem Forschungsgebiet abdrehen.
Effekt verpufft in der Nahrungskette
Trotz der widrigen Bedingungen konnten die Biologen die Wirkung ihres Experiments aber gut beobachten: Das Eisen im Wasser führte zwar zunächst wie geplant zu Wachstum und Blüte von Kleinalgen, die CO2 aufnehmen. Doch dann schwammen millimetergroße Ruderfußkrebse heran und fraßen die Algen mit Riesenhunger auf.

So war die entstandene Algenblüte insgesamt kleiner als erwartet. Die Minikrebse wurden danach von ihren Artgenossen, garnelengroßen Flohkrebsen, mit ähnlich gutem Appetit vertilgt.
Kieselalgen als Hoffnungsträger
Von Eisen und Algen blieb nach dem großen Fressen wenig übrig - nur eine ganz geringe Menge Kohlenstoff sank schließlich auf den Meeresboden ab. Außer einem Schwarm äußerst wohlgenährter Flohkrebse ergaben sich nach dem Experiment kaum Veränderungen im untersuchten, rund 300 Quadratkilometer großen Meeresgebiet. "Diese Reaktion des Ökosystems war in solchen Einzelheiten noch nicht bekannt", sagte AWI-Direktorin Karin Lochte.

Die Forscher folgern nun, dass Eisendüngung nur dann mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden kann, wenn Kieselalgen im Spiel sind. Denn sie haben eine harte Schutzschale, die Krebse nicht so schnell knacken können. Doch Kieselalgen gedeihen nur in Gewässern mit Kieselsäure. AWI-Wissenschaftler gehen davon aus, dass weniger als ein Drittel aller Meeresflächen diese Voraussetzung erfüllt. Kieselsäure ins Meer zu schütten bringe auch nichts, erläuterte Biologe Smetacek. "Die benötigten Mengen wären viel zu groß."

Das AWI will die Ergebnisse nun genau auswerten. Für die nächste Zeit seien keine neuen Eisendüngungsexperimente des Meeresforschungsinstituts mit Sitz in Bremerhaven geplant. Die "Polarstern" wird dort am 24. Mai zurückerwartet.

[science.ORF.at/dpa, 23.3.09]
->   AWI
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010