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Läuse sind nicht nur einzigartig lästig
Mitochondriale DNA anders als bei anderen Tieren
 
  Für Menschen sind Läuse vor allem lästig - im Tierreich dürften sie jedoch etwas Besonderes sein. Sie besitzen DNA-Fragmente, wie man sie bisher nur von Pflanzen und einfachen Lebewesen kannte.  
Ein alter Bekannter ...
Der amerikanische Molekularbiologe Craig Venter ist in vielerlei Hinsicht ein Pionier: Er hat mit seiner Firma gleichzeitig mit dem öffentlich finanzierten Human Genome Project das menschliche Erbgut entziffert. Einige Jahre später hat er sein eigenes Erbgut sequenziert. Mit der wissenschaftlichen Publikation dazu hat er James Watson abgehängt. Watson hat in den 1950er-Jahren gemeinsam mit Francis Crick die Doppelhelixstruktur der DNA entdeckt und gleichzeitig mit Venter sein eigenes Genom sequenziert.

Nun haben sich Mitarbeiter von Venters Institut einen unliebsamen menschlichen Begleiter vorgenommen: die Laus. Gemeinsam mit Wissenschaftlern von der Universität Queensland in Australien haben sie das Genom der Tiere entschlüsselt.
... und ein spezielles Genom
Dabei haben die Forscher etwas für Tiere bisher Einzigartiges entdeckt: Die mitochondriale DNA der Laus besteht nicht - wie bei anderen Tieren - aus einem Ring, sondern aus 18 "Minichromosomen". Die Wissenschaftler fanden solche Fragmente bei den untersuchten blutsaugenden Läusen: der Kleider-, Kopf- und Filzlaus. Läuse, die sich von Haaren und Hautschuppen ernähren, hatten einen einzigen DNA-Ring in ihren Mitochondrien.

Mitochondriale DNA von Tieren und auch des Menschen hat 37 Gene. Die 18 Minichromosomen der Laus bestehen jeweils nur aus ein bis drei Genen. Zum Vergleich: Im Zellkern besitzen Menschen zirka 30.000 Gene, die Biene 10.000.
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Die Studie "The single mitochondrial chromosome typical of animals has evolved into 18 minichromosomes in the human body louse, Pediculus humanus" ist in "Genome Research" erschienen.
->   Studie (sobald online)
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Kraftwerk und symbiontisches Überbleibsel
Mitochondrien sind gewissermaßen die Kraftwerke in Tier- und Pflanzenkörpern. Sie spielen eine bedeutende Rolle für Atmung und Stoffwechsel und kommen nur in Zellen mit Zellkern vor - also etwa in Pflanzen, Tieren und Pilzen; nicht jedoch in Bakterien, die keinen Zellkern besitzen.

Nach der Endosymbionten-Hypothese sind Mitochondrien aus einer Symbiose von Bakterien und den einzelligen Vorläufern der Tier-, Pilz- und Pflanzenzellen entstanden.
Eine weibliche Kleiderlaus
 
Bild: Richard Webb und Renfu Shao

Pediculus humanus corporis auf menschlicher Haut nach der Mahlzeit.
Neue Entdeckung, neue Rätsel
Unklar ist noch, wie die DNA-Ringe entstanden sind und welchen evolutionären Vorteil die Läuse daraus ziehen können. David Rand von der Brown University in Providence glaubt, dass mit neuen Sequenzierungstechniken auch noch andere Tierarten mit mehreren Stücken mitochondrialer DNA gefunden werden könnten.

Läuse sind jedoch nicht nur lästig, sie übertragen auch Krankheiten. Die nun publizierten Erkenntnisse könnten laut den Wissenschaftlern dazu dienen, neue Methoden zu entwickeln, mit denen es der Laus an den Kragen gehen soll.

Mark Hammer, science.ORF.at, 31.3.09
->   Craig-Venter-Institut
->   Universität Queensland
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Kopf- und Kleiderlaus sind verschiedene Arten
->   Mitochondriale Gen-Fragmente können Unheil anrichten
 
 
 
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01.01.2010