News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 
Die Risiken eines Marsfluges  
  Die Belastung des Körpers durch die kosmische Strahlung ist eines der Hauptprobleme langer Raumflüge. Wiener Physiker analysieren die damit verbundenen Risiken nun in einem Forschungsprojekt.  
Projekt "HAMLET"
Der Mensch will zum Mars - zumindest einige Weltraumagenturen. Dazu sind nicht nur zu klären: der Transport, die Missionsdauer und die Versorgung der Mars-Pionierinnen und Pioniere, sondern u.a. auch die Belastung der Menschen durch kosmische Strahlung. Dieses Strahlenrisiko im Weltraum untersucht das europäische Forschungsprogramm "HAMLET". Beteiligt daran ist auch Österreich und zwar das Atominstitut der Österreichischen Universitäten bzw. die Technische Universität Wien.
...
Torso in und an der ISS
Eine Puppe im Weltall, ein Crash Test Dummy für kosmische Strahlung: Im Dienste der europäischen Forschung und des Forschungsprogramms "HAMLET" wird die Puppe namens "Matroshka" seit dem Jahr 2004 der komischen Strahlung ausgesetzt - zunächst außen an der Internationalen Raumstation ISS, seit 2006 in deren Innerem. Das Modell eines menschlichen Körpers ist gespickt mit mehr als 6.000 Sensoren, die immer wieder ausgetauscht und zur Erde geschickt werden - was "Matroshka" selbst übrigens seit Beginn der Experimente vorenthalten blieb, sie ist seit Jahr und Tag im All.
->   Mehr zu "Matroshka"
...
Am Boden geht ein Licht auf
Das europäische Forschungsprojekt namens "HAMLET" erwartet sich von den Daten aus dem Modellkörper aus Kunststoffschäumen, gewebeähnlichen Stoffen und (echten) Knochen Rückschlüsse darauf, wie gefährlich die Strahlenbelastung für Astronautinnen und Astronauten in Fleisch und Blut ist.

Also konkret: wie hoch das Krebsrisiko ist.
Ein Teil der mehr als 6.000 nicht einmal fingernagelgroßen Sensoren wird in Wien analysiert, schildert der Strahlenphysiker Michael Hajek von der Technischen Universität Wien gegenüber science.ORF.at:

"Wir haben in Summe 1.100 Thermolumineszenz-Detektoren. Das sind kleine Kristalle, die in der Lage sind, die Energie der Strahlung zu speichern, und bei Erwärmung wird diese Energie wieder freigesetzt - allerdings in Form von Licht. Dieses Licht kann man mit empfindlichen Messgeräten aufzeichnen. Die Lichtintensität ist ein Maß für die Strahlenintensität, die die Detektoren gesehen haben."
Auf Herz und Nieren geprüft
Das Wiener Team widmet sich beispielsweise Detektoren, die an der Versuchspuppe an der Stelle besonders strahlenempfindlicher Organe platziert waren: Auge, Lunge, Niere, Magen und Darm. Michael Hajek:

"Im Wesentlichen geht es darum, dass wir auch für zukünftige Raumflüge das Risiko für die AstronautInnen abschätzten wollen. Das heißt, wir werden auch noch Simulationsrechnungen miteinbeziehen. Mit denen wird es dann möglich sein, einen Astronauten gewissermaßen auf eine virtuelle Reise bspw. auf den Mars zu schicken und sein Strahlenrisiko respektive die Strahlenbelastung im ganzen Körper und in einzelnen Organen genauer als je zuvor zu quantifizieren."
Next Station: Mars?
Die bisherigen Daten zeigen übrigens, dass gängige Raumanzüge zur Verringerung des Krebsrisikos nicht zwingend neu designt werden müssen, viel wichtiger seien neue Abschirmstrategien für Raumschiffe, die sich vom schützenden Erdmagnetfeld entfernen:

"Wenn Sie beispielsweise zum Mars fliegen sind Sie mindestens 300 Tage hin und retour unterwegs; die gesamte Missionsdauer wird wahrscheinlich um die 1.000 Tage betragen. Da müssen Sie natürlich spezielle Bereiche gut abschirmen - auch gegen Sonnenstürme etc."
Und weiter geht¿s
Das europäische "Hamlet"-Projekt geht im Juli in eine weitere Phase: da wird "Matroshka" in der ISS ein weiteres Mal der kosmischen Strahlung freigegeben - allerdings im japanischen Modul. Der Projektname "Hamlet" übrigens keine Grundsatzfrage über den bemannten Raumflug - sondern ein Akronym, zusammengesetzt aus "Human Model Matroshka for Radiation Exposure Determination of Astronauts".

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 2.4.09
->   Projektseite "Hamlet"
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010