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Jugend forscht: Das Echo vom Mond  
  Wie weit ist der Mond von der Erde entfernt? Italienische Schüler haben eine ungewöhnlich einfache Methode zur Beantwortung dieser Frage gefunden. Für ihre Berechnungen verwendeten sie Funksprüche der ersten Mondlandung - mehr nicht.  
Um 150 Euro in die Stratosphäre
Kürzlich gingen Berichte über vier spanische Schüler durch die Medien, die spektakuläre Fotos der gekrümmten Erdoberfläche geschossen haben (siehe z.B. hier). Die NASA hätte die Aufgabe, unsere Welt aus Perspektive der Stratosphäre darzustellen, vermutlich mit großtechnischem Materialaufwand gelöst.

Die Teenager aus Katalonien benötigten für ihr Vorhaben lediglich drei Dinge: eine handelsübliche Digitalkamera, einen Latexballon sowie eine selbst gebastelte elektronische Schaltung. Dementsprechend niedrig fielen die Kosten der stratosphärischen Fotosafari aus. Laut Medienberichten kostete das Ganze nicht mehr als 150 Euro.
Laser: Zum Mond und zurück
Noch preiswerter war wohl ein Forschungsprojekt, das nun Schüler vom Liceo Scientifico A. Vallisneri in Lucca, Italien, abgeschlossen haben. Ihr Lehrer, der Physiker Luca Girlanda, hat die Ergebnisse auf dem Preprintserver "arXiv" (Abstract) veröffentlicht, wo üblicherweise Astronomen, Plasmaforscher und Mathematiker ihre neuesten Studienergebnisse vor der offiziellen Veröffentlichung präsentieren - meist mit dem Ziel, Diskussionen anzuregen und die Manuskripte bis zur Endfassung zu verbessern.

Aber Girlandas Schüler brauchen sich keineswegs verstecken vor den Profis, denn ihr Beitrag ist in der Tat originell. Worum geht es? Die Nachwuchsforscher wurden von ihrem Lehrer vor die Aufgabe gestellt, die Entfernung des Mondes zur Erde herauszufinden.

Die Spur zur Lösung führt über ein Experiment, das 1969 im Rahmen der Apollo-11-Mission durchgeführt wurde. Damals montierten die Astronauten auf dem Erdtrabanten einen Retroreflektor, eine Art Spiegel. Ihre NASA-Kollegen von der Bodenstation beschossen ihn daraufhin mit einem Laserstrahl und maßen die Zeitdauer, die der Strahl bis zu seiner Rückkehr auf die Erde benötigte.

Nachdem die Lichtgeschwindigkeit bekannt ist (ca. 300.000 Kilometer pro Sekunde), muss man den Wert nur noch in eine einfache Schlussrechnung einsetzen - und schon hat man die Distanz Erde-Mond (vgl. Science, Bd. 166, S. 99).
Rechnen mit Funksprüchen
Luca Girlandas Schüler bedienten sich für ihre Berechnungen auf der Website der NASA, wo die Funksprüche der Apollo-11-Mission mp3 abrufbar sind - übrigens inklusive Neil Armstrongs berühmtem Ausspruch "That's one small step for [a] man, one giant leap for mankind." Die Idee dahinter: Funksignale bewegen sich ebenfalls mit Lichtgeschwindigkeit, daher kann man aus der Verzögerung der Antworten die Distanz zum Mond ableiten.

Ein Schönheitsfehler dieser Methode ist allerdings, dass die Verzögerung bestenfalls eine Obergrenze für die gesuchte Distanz liefert, schließlich antwortet man nicht immer gleich schnell auf Mitteilungen der Bodenstation. Aber die italienischen Nachwuchsforscher fanden durch Zufall ein anderes Signal, das sich bedeutend besser für ihr Vorhaben eignete.

Einige wenige Funksprüche aus Houston wurden nämlich von einem Echo begleitet, offenbar war ein Teil via Kopfhörer ins Mikro der Astronauten gelangt und wieder auf die Erde zurückgefunkt worden. Girlanda und sein Schüler bestimmten die Verzögerung mit dem Open-Source-Audioprogramm "Audacity" und kamen auf einen Wert von 2,620 Sekunden. Rechnet man das Ganze ins Längenmaß um, ergibt das eine Distanz von rund 393.000 Kilometern.

Ein ziemlich guter Wert: Laut astronomischen Berechnungen schwankt die Entfernung zum Mond zwischen 363.300 und 405.500 Kilometern, weil dessen Umlaufbahn nicht kreisförmig, sondern elliptisch ist.
Motivierende Verschwörungstheorien
Wie groß die Abweichungen von der Kreisform sind, konnten die Schüler mit der Audiomethode ebenfalls berechnen, und zwar anhand von Echoschwankungen der (deutlich längeren) Soundfiles der Apollo-17-Mission. Das Forschungsprojekt sei ein großer Gewinn für seine Schüler gewesen, resümiert Girlanda in seinem Artikel. Sie hätten sich nicht nur Fachkenntnisse angeeignet, sondern auch einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie Forschung in Wirklichkeit funktioniert.

Und nicht zuletzt habe es auch einen besonderen Motivationsfaktor gegeben: "Der Nervenkitzel, möglicherweise kürzere Verzögerung zu messen, als es die Physik erlaubt. Das hätte populäre Verschwörungstheorien über die Apollo-Mission gestützt."

Robert Czepel, science.ORF.at, 14.4.09
->   Liceo Scientifico A. Vallisneri
->   Apollo-Programm - NASA
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01.01.2010