News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Experte hat Erdbeben in Italien vorhergesagt  
  Nach dem schweren Erdbeben in den mittelitalienischen Abruzzen wird in Italien heftig darüber gestritten, ob die Katastrophe vorhersehbar war und die Anzahl der Opfer damit hätte reduziert werden können.  
Der Erdbebenexperte Giampaolo Giuliani, Forscher des nationalen Physikinstituts Gran Sasso in der Region Abruzzen, hatte in den vergangenen Tagen ein katastrophales Beben in dem Gebiet prognostiziert.

Er bezog sich dabei auf eine lange Serie kleiner Beben ohne Schäden, die in der Region seit Februar registriert worden waren.
Eine höchst umstrittene Prognose
Giuliani hat ein Gerät entwickelt, mit der er Eigenangaben zufolge schwere Erdbeben vorhersehen kann. Seine wiederholten Warnungen - Giuliani hatte erhöhte Mengen des Erdgases Radon gemessen - hatten für einen Eklat gesorgt.

Er war daraufhin in den vergangenen Tagen von der Staatsanwaltschaft der Stadt Sulmona wegen unbegründeten Alarms angezeigt worden. Das italienische Geophysikinstitut hatte seine Prognosen als vollkommen unrealistisch bewertet.
Vage Vorhersagen nützen Zivilschutz nichts
"Jetzt verlange ich eine Entschuldigung für alle Toten, die es in L'Aquila gegeben hat. Man hätte viele Menschenleben retten können, wenn man auf meine Worte gehört hätte. Die Erdbebenserie ist noch nicht zu Ende. Auch morgen wird es Nachbeben von einer Stärke bis zu vier nach Richter geben", sagte Giuliani laut italienischen Medien am Montag.

Das Geophysikinstitut bekräftigte, dass das Erdbeben in L'Aquila nicht vorhersehbar gewesen sei. "Kein Mensch auf der Welt hätte das vorsehen können. Niemand hätte aufgrund vager Prognosen Maßnahmen für den Zivilschutz ergreifen können", meinte Alberto Basili, Erdbebenexperte des Instituts.
Die Vorgeschichte der vergangenen Tage
Schon in den vergangenen Monaten war es zu einer Reihe leichterer Erdstöße gekommen. Nach den via Internet verbreiteten Warnungen von Giuliani fuhren Lkws mit Lautsprechern durch die Straßen und verbreiteten die Botschaft. Einige Bewohner verbrachten laut italienischen Medienmeldungen daraufhin die Nächte im Freien.

Giuliani wurde danach von den Behörden wegen Verbreitung von falschem Alarm angezeigt und musste seine Prognosen aus dem Internet entfernen.

Am 31. März erst gab es in L'Aquila eine Veranstaltung der Zivilschutzbehörde, die den Ängsten der Bevölkerung entgegentreten sollte. In einer Mitteilung der Behörde hieß es danach: "Die Erdstöße, die von der Bevölkerung verspürt wurden, sind in einer seismischen Region wie L'Aquila normal. ... Es ist sinnvoll zu unterstreichen, dass es keine Möglichkeiten gibt, Erdbeben vorherzusagen."
Nichts aus der Vergangenheit gelernt
Nach dem Erdbeben von Sonntagnacht haben die Behörden ihre Meinung nicht geändert. "Immer, wenn es ein Beben gibt, gibt es Menschen, die behaupten, das vorhergesehen zu haben", meinte Enzo Boschi, der Leiter des Nationalen Geophysikinstituts. "Das ist aber nicht möglich."

Das wahre Problem Italiens sei, aus den Unglücken der Vergangenheit nichts gelernt zu haben. "Wir hatten Beben, aber dann vergessen wir es wieder und tun nichts. Es liegt nicht in unserer Kultur, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen oder in der richtigen Art Häuser zu bauen", wurde er von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert.

[science.ORF.at/APA/Reuters, 6.4.09]
->   Physikinstitut Gran Sasso
->   Italienisches Geophysikinstitut
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Der Erdbebenprognose einen Schritt näher
->   Forscher arbeiten an Erdbebenvorhersage
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010