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Nickelmangel brachte den Sauerstoff  
  Mehr als zwei Milliarden Jahre ist es her, dass der Sauerstoff in die Uratmosphäre der Erde kam. Warum dieser folgenreiche Umschwung einsetzte, war bisher ein Rätsel. Geologen schlagen nun vor: Der Nickelhaushalt der Ozeane könnte den entscheidenden Anstoß gegeben haben.  
Globale Vergiftung
"The Great Oxidation Event" nennen Klimaforscher und Geologen jenes einschneidende Ereignis, das vor rund 2,4 Milliarden Jahren die Atmosphäre vergiftete. Sauerstoff, bis dahin lediglich in Spuren vorhanden, begann sich zu dieser Zeit durch die Photosynthese von Cyanobakterien anzureichern - ein Prozess, der übrigens bis vor 500 Millionen weiterging, ehe das heutige Niveau von rund 20 Prozent erreicht wurde.

Wie kann ein Molekül, das wir zum Leben brauchen, Gift sein? Das Molekül O2 ist eine höchst reaktive Substanz, ein Biradikal, das anderen Molekülen die Elektronen "raubt" und selbst heute eine Spur der Zerstörung durch die Gewebe der Tiere und Pflanzen ziehen würde, wenn sie nicht biochemische Schutzmechanismen dagegen besäßen.

So gesehen war es ein Meisterstück der Evolution, aus der Gegenwart des unbändigen Moleküls einen Vorteil zu ziehen und eine supereffiziente Form der Energiegewinnung, die Atmung, zu entwickeln. Viele Biologen sind der Ansicht, dass diese Erfindung eine unverzichtbare Voraussetzung für vielzelliges, "höheres" Leben war. Hätte es die globale Vergiftung der Atmosphäre nicht gegeben, gäbe es auch uns Menschen nicht.
Neue Hypothese
Die Ursachen des "Großen Ereignisses" in der Atmosphärenchemie lagen bis vor kurzem im Dunkeln. Licht in selbiges könnte nun eine Hypothese des US-Gelogen Kurt Konhauser bringen, deren Kurzform lautet: Weniger Nickel im Meer brachte den Umschwung zur Sauerstoffatmosphäre.

"Die Nickel-Connection hat bisher niemand bedacht", sagt Dominic Papineau, der mit Konhauser nun im Fachblatt "Nature" (Bd. 458, S. 750) eine entsprechende Studie veröffentlicht hat. "Es ist nur ein Spurenelement im Meerwasser, aber unsere Untersuchungen legen nahe, dass es gewaltige Auswirkungen auf die Umwelt hatte."
Rückgang von Nickel und Methan
Konhauser und seine Kollegen untersuchten 550 Millionen bis 3,8 Milliarden Jahre alte Bändererze aus aller Welt und entdeckten zunächst, dass ihr Nickelgehalt vor etwa 2,7 Milliarden Jahren stark gefallen sein muss. Bändererze sind marine Sedimentgesteine die vorwiegend aus Eisen und Silikaten bestehen, in Spuren aber auch andere Elemente enthalten, wie eben Nickel.

Der Rückgang dürfte laut Konhauser mit der Temperatur des Erdmantels zu tun haben. Auf der noch jungen Erde war die Temperatur bekanntlich hoch und die Vulkane entsprechend aktiv, das brachte Nickel-reiche Lava an die Erdoberfläche, das Metall gelangte durch Auswaschung und Erosion schließlich in die Ozeane.

Soweit wäre das eine rein geologische Angelegenheit, wenn Spurenelemente nicht auch wichtig für den biochemischen Apparat von Bakterien, Algen und allen anderen Lebewesen wären. Methanbildende Bakterien sind beispielsweise ganz besonders von Nickel abhängig, weil ihre Enzyme sonst nicht funktionieren. Als die Temperatur des Erdmantels fiel, müssen sie besonders unter dem Rückgang des Metalls in den Meeren gelitten haben. Resultat: Der Methangehalt in der Atmosphäre fiel.
Die Schranke fiel
Damit kam aber der Atmosphäre die größte Barriere für eine weitreichende Anreicherung des Sauerstoffes abhanden. Denn bis dahin hatte Methan mit Sauerstoff reagiert und ihn zu CO2 und Wasser "entgiftet".

Ein Beweis, dass sich die Geschichte tatsächlich so zugetragen hat, ist die Studie von Konhauser & Co. zwar nicht. Aber die Indizienkette scheint lückenlos und ist obendrein durchaus plausibel. "Das Timing passt jedenfalls sehr gut", sagt Papineau. "Nach allem, was wir von Mikroorgansimen wissen, müsste der Rückgang des Nickelgehalts auch die Methanproduktion gedrosselt haben."

Robert Czepel, science.ORF.at, 9.4.09
->   Kurt Konhauser
->   Dominic Papineau
->   Erdatmosphäre - Wikipedia
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01.01.2010