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Sternwarte im All: Start für "Herschel" und "Planck"  
  "Herschel", das größte Weltraumteleskop ist heute gemeinsam mit dem Satelliten "Planck" an Bord einer Ariane-5-Trägerrakete vom Weltraumflughafen Kourou erfolgreich ins All gestartet.  
Live dabei beim Start am Weltraumflughafen Kourou in Französisch-Guayana war auch der österreichische Astronom Franz Kerschbaum - sein Team hat maßgeblich zu einem der drei Hauptinstrumente von Herschel beigetragen:

"Die Stimmung war zuerst ein bisschen unruhig den ganzen Vormittag, denn wir haben schwere Niederschläge und starken Regen gehabt. Und plötzlich - eine Viertel Stunde vor dem Start - hat es aufgeklart und wir haben ihn perfekt verfolgen können. Es werden jetzt nach der Reihe die Instrumente eingeschaltet und auf ihre grundsätzliche Funktionsfähigkeit überprüft. Da wird man dann sehen, ob die Satelliten auch wirklich selbständig agieren können."

Die Satelliten seien gut in den Orbit gebracht, so österreichische Wissenschafter live aus Kouru; ob alle Instrumente auch tatsächlich funktionieren, werde man erst im Laufe der nächsten Monate wissen.
->   Live-Launch (ESA)
Zwei europäische Super-Teleskope
Einen Doppelpack hat die europäische Weltraumorganisation ESA ins All geschickt: Planck und Herschel - weder den deutschen Quantenphysiker Max Planck, noch die deutsch-britischen Astronomie-Geschwister Caroline und Wilhelm Herschel, sondern zwei Teleskope: Planck, das bis zu den äußeren Grenzen des Weltalls blickt und die kosmische Hintergrundstrahlung erforscht; und Herschel, das den fernen Infrarot-Bereich erkundet. Die beiden ergänzen sich in gewissem Sinne, schildert Franz Kerschbaum vom Institut für Astronomie der Universität Wien auf Radio Österreich 1:

"Herschel als Sternwarte schaut sich Objekte einzeln an und Planck wird versuchen, sich den Überblick zu verschaffen, es wird das Universum als Ganzes beobachten und schauen, wie sich das Universum in seinen frühesten Phasen strukturiert hat. Es wird die kosmische Hintergrundstrahlung ins Visier nehmen und mit unerreichter Genauigkeit - sowohl was die Schärfe des Blicks betrifft, als auch die spektrale Auflösung - untersuchen, wie früh war es möglich, dass sich die ersten Galaxien bilden, wie ist der Urknall wirklich abgelaufen".
Fliegendes Observatorium
Gemeinsam mit Planck ist auch Herschel an den Start gegangen, das bislang größte Weltraumteleskop. Der Infrarot-Spezialist ist live dabei, wenn Sterne entstehen und Sterne vergehen, so Franz Kerschbaum im Gespräch mit science.ORF.at:

"Viele ganz spannende Phasen im Sternenleben - die Geburt, der Tod - sind oft staubverhüllt. Dieser Staub verbirgt eigentlich das, was im Inneren dieser Objekte passiert. Mit der Infrarotstrahlung können wir durch den Staub durchschauen und Dinge sehen, die uns bisher verborgen geblieben sind."
Österreich an Bord von Herschel
Blickten Weltraum-Teleskope bisher einige hundert Kilometer von der Erde entfernt ins All, wird Herschel 1,5 Millionen Kilometer entfernt sein. Österreich ist mit an Bord: durch Material und Technik der RUAG Aerospace Austria sowie durch Knowhow: Denn nur ein 40stel der beobachteten Daten kann zur Erde übertragen werden - diese "wissenschaftlichen Rosinen" herauszupicken, das ist Aufgabe des österreichischen Teams, schildert Kerschbaum gegenüber science.ORF.at:

"Der Satellit arbeitet zwei Tage autonom vor sich hin und beobachtet, was wir ihm aufgetragen haben. Die Daten sammelt er auf einem Speichermedium und wir müssen sie dann jeden zweiten Tag zur Erde übertragen und können circa nur ein Vierzigstel der Datenmenge, die er beobachtet hat, zur Erde transportieren. Unser autonomes System - ein Computersystem, sozusagen ein kleiner Astronom, der mitfliegt - das muss aussuchen: was ist Material, das wissenschaftlich ausgewertet werden kann und was sind Störquellen, denn wir beobachten dort ja auch jede Menge Störstrahlung, die bspw. von der Sonne kommt oder von hochenergetischen Partikeln."
Datenträgerbereinigung by PACS
Das von Franz Kerschbaum erwähnte Datenmanagement-System namens PACS ist eines von drei Instrumenten an Bord von Herschel - damit wird die Zusammensetzung des kosmischen Staubes analysiert:

"Ein großes Problem bei dieser Entfernung Satellit-Erde ist die Datenübertragung. Herschel hat drei große Messinstrumente: unser Instrument PACS, HIFI und SPIRE. Die sind alle spezialisiert auf leicht unterschiedliche Fragestellungen im Wellenlängenbereich. Und wir haben uns bei PACS spezialisiert auf die schärfsten Bilder und die schönsten Spektren. Die Mineralogie des Staubes zu untersuchen ist eines der Hauptziele mit dem PACS-Instrument." (Franz Kerschbaum auf Ö1)

Im Herbst hofft das österreichische Team auf die ersten Bilder von explodierenden Sternen und Spektren von Staubausflüssen sterbender Sterne.

Der Doppelstart ins Weltall - beide Weltraum-Teleskope, Herschel UND Planck, sitzen gemeinsam auf einer Trägerrakete - musste die europäische Weltraumorganisation schon mehrfach verschieben. Nun soll die 1,2 Milliarden-Euro-teure Mission - nach etwa zehnjähriger Entwicklungsarbeit - für die ESA zum "Meilenstein der modernen Astronomie" werden und nach Worten der ESA, "die Grenzen der Weltraumastronomie verschieben".

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 14.5.09
->   Herschel (ESA)
->   Planck (ESA)
 
 
 
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01.01.2010