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Geld lindert Stress und Schmerzen  
  Geld eignet sich nicht nur zum Einkaufen, sondern ist auch ein veritables Schmerzmittel, wie US-Forscher nachweisen: Die Beschäftigung mit Finanziellem hilft gegen soziale Frustrationen und lindert sogar körperliche Pein.  
Eine soziale Ressource
"Geld ist besser als Armut, wenn auch nur aus finanziellen Gründen", meinte einmal Woody Allen. Schöne Pointe, aber stimmen tut sie eigentlich nicht. Drei US-Psychologen haben nun die symbolische Wirkmacht von Geld untersucht und kommen zu dem Schluss: Man kann den Mammon als Substitut für positive Sozialkontakte mit nachgerade körperlichen Wirkungen betrachten.

Eine der drei Studienautoren, Kathleen D. Vohs von der University of Minnesota, hat bereits vor drei Jahren nachgewiesen, dass allein das Lesen eines Essays über Geld das Selbstbewusstsein stärkt (Science, Bd. 314, S. 1154). Probanden, die entsprechende Lektüre vorgesetzt bekamen, baten bei folgenden Versuchen seltener um Hilfe. Eine mögliche Deutung dieses Zusammenhanges ist, dass Geld die Ansicht bestärkt, dass Probleme gelöst werden können, und daher indirekt die Eigenständigkeit fördert.

Diesen Gedanken hat Vohs nun mit ihren Kollegen Xinyue Zhou und Roy Baumeister verallgemeinert und experimentell überprüft. "Was ist die psychologische Bedeutung von Geld? Unsere Untersuchung stützt sich auf die Idee, dass Geld eine soziale Ressource ist", lauten die ersten Sätze ihrer nun im Fachblatt "Psychological Science" (online) erschienen Studie. Ein Aspekt der sozialen Wirkung sei etwa die Fähigkeit von Geld, "Menschen zu manipulieren und von der Gesellschaft etwas zu bekommen, und zwar unabhängig davon, ob man beliebt ist oder nicht."
Schmerzlinderung auf Kredit
Vohs, Zhou und Baumeister bildeten zunächst Probandengruppen für spätere Gruppenarbeit und teilten dann einigen Teilnehmern in Einzelgesprächen mit: "Die anderen wollen mit dir nicht zusammenarbeiten". Daraufhin folgten einige Versuche, die mit Geld zu tun hatten, etwa das Zeichnen einer Münze aus dem Gedächtnis. Das Resultat: Die Münze der Zurückgewiesenen fiel deutlich größer aus, sie hatten, wie Befragungen zeigten, auch sonst ein größeres Bedürfnis nach Barem.

Ähnlich der Zusammenhang mit körperlichem Schmerz: Testpersonen, die vor den eigentlichen Versuchen Sätze mit Wörtern wie "Schmerz", "Kopfweh" und "wund" vervollständigt hatten, zeichneten ebenfalls überdimensionierte Münzen. Der Konnex ist übrigens nicht einseitig, wie weitere Tests zeigen: Die US-Psychologen ließen manche ihrer Probanden mit einem Päckchen Dollarscheinen hantieren und setzten sie hernach sozialem Stress in einem Computerspiel aus.

Wie erwartet war auch hier eine Wirkung zu sehen, die Dollars milderten den Frust sozialer Zurückweisung. Und: Sie reduzierten sogar reale körperliche Schmerzen, verursacht durch ein Fingerbad in 50 Grad heißem Wasser. In einer der dritten Versuchstranche drehten Vohs und Co. den Zusammenhang nochmals. Conclusio: Geld ist ein Universal-Analgetikum, aber ausgegebenes Geld ist das Gegenteil davon - es erhöht das Schmerzempfinden, sozial wie körperlich.
Eine Hirnregion, zwei Empfindungen
Diese Resultate passen gut zu einer Hypothese, die der Neurowissenschaftler Jaak Panksepp in den 90er Jahren entwickelt hat. Er meinte, es sei unwahrscheinlich, dass der Mensch ein komplett neues Bewertungssystem für soziale Belange im Gehirn entwickelt habe. Vielmehr sei anzunehmen, dass das Zwischenmenschliche im Lauf der Evolution von bereits existierenden Hirnregionen für Behagen und Unbehagen "übernommen" worden ist.

2003 erschien in "Science" (Bd. 302, S. 290) eine Arbeit, die genau das bestätigte: Menschliche Zurückweisung tut offenbar nicht nur im metaphorischen Sinn weh. Für das Hirn macht es relativ wenig Unterschied, ob Schmerz physischer oder psychischer Natur ist.

Robert Czepel, science.ORF.at, 18.5.09
->   Kathleen D. Vohs
->   Roy Baumeister
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01.01.2010