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Außergewöhnliche Gesichtserkennung  
  Manche Menschen sind unfähig, andere anhand des Gesichts wiederzuerkennen: Sie sind gesichtsblind. Laut einer aktuellen Studie gibt es aber auch das Gegenteil: Gesichtserkennungsgenies.  
Diese sind demnach fähig, sogar Fremde, die sie vor vielen Jahren nur einmal kurz gesehen haben, zuverlässig wiederzuerkennen.
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Die Studie "Super-recognizers: People with extraordinary face recognition ability" Richard Russell et al. ist im "Psychonomic Bulletin & Review" (DOI: 10.3758/PBR.16.2.252) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie
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Extreme Merkfähigkeit
Das Gesicht zählt zu den wichtigsten Merkmalen einer Person. Trifft man jemanden öfters, prägt es sich quasi von selbst ins Gedächtnis ein. Nur etwa zwei Prozent der Bevölkerung sind dazu nicht imstande. Sie leiden unter Gesichtsblindheit oder Prosopagnosie. Sie vergessen sogar das Aussehen ihrer besten Freunde. Dieses kognitive Defizit - manchmal eine Folge von Gehirnverletzungen - ist erst seit etwas mehr als 50 Jahren bekannt.

Ob es aber auch das gegenteilige Phänomen gibt, haben Forscher rund um Richard Russell von der Harvard University jetzt untersucht: Menschen, die behaupten, sich Gesichter extrem gut merken zu können.

Die Wissenschaftler haben die Fähigkeit der vier Probanden in verschiedenen Labortests überprüft und mit einer Kontrollgruppe verglichen. Alle vier schnitten demnach deutlich besser bei der Wiedererkennung ab als die Vergleichspersonen. Auch bei der Unterscheidung von Gesichtern waren sie überlegen.
Andere Verarbeitungsmechanismen
Darauf, warum die Personen soviel begabter sind, haben die Wissenschaftler noch keine Antwort. Sie vermuten allerdings, dass die Erkennung auf anderen Mechanismen basiert als bei der Durchschnittsbevölkerung.

Sie waren nämlich viel anfälliger auf den sogenannten Inversions-Effekt: Werden die Gesichter auf den Kopf gestellt, funktioniert die Wiedererkennung viel schlechter. Bei den "Supererkennern" ist dies laut den Forschern noch ausgeprägter. Interessanterweise kommt er bei Gesichtsblinden am wenigsten zu tragen.

Die Ergebnisse der Studie deuten laut den Wissenschaftlern darauf hin, dass die Bandbreite bei der Fähigkeit zur Wiedererkennung von Gesichtern deutlich größer ist als bisher vermutet.

Als Störung wird die Begabung von den Forschern zwar nicht beschrieben, dennoch könne sie für die Betroffenen belastend sein: Denn wenn sie immer alle erkennen, heißt das nicht, dass dies auch das Gegenüber tut. Und das kann peinlich sein.

[science.ORF.at, 22.5.09]
->   Prosopagnosie (Wikipedia)
->   Richard Russell
 
 
 
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01.01.2010