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Die großen Zehn der neuen Arten  
  Jedes Jahr werden tausende Tier- und Pflanzenarten entdeckt oder erstmals beschrieben. Ein internationales Komitee von Wissenschaftlern hat nun die zehn aufregendsten des letzten Jahres gekürt. Damit soll auf die Artenvielfalt der Erde hingewiesen werden.  
Ob erbsengroßes Seepferdchen, von Natur aus koffeinfreier Kaffee oder Bakterien im Haarspray - ständig entdecken oder beschreiben Biologen neue Arten. Das Institut zur Erforschung der Arten der Universität Arizona in Tempe hat heuer zum zweiten Mal mit einem international besetzen Komitee die zehn faszinierendsten ausgewählt.
Zwei Millionen Arten in 300 Jahren
Als Datum für die Veröffentlichung wählten die Wissenschaftler den Geburtstag Carl von Linnes. Der schwedische Naturforscher wurde am 23. Mai 1707 geboren und hat das heute noch gebräuchliche System der Nomenklatur entwickelt, nach dem Arten benannt werden.

Seit Linne dieses System eingeführt hat, wurden zirka 1,8 Millionen Arten beschrieben. Weltweit könnte es zwischen zwei und hundert Millionen davon geben - die meisten Wissenschaftler schätzen die Vielfalt auf zirka zehn Millionen.

Im folgenden eine Auswahl aus der biologischen Hitparade neuer Arten des Jahres 2008:
Zwerg-Seepferdchen
 
Foto: John Sear

Wenn eine neue Art beschrieben wird, bekommt sie von Taxonomen auch einen Namen. Dabei geht es manchmal lustig zu - auch nach Boris Becker und dem Comiczeichner Gary Larson wurden schon Lebewesen benannt. Beim Seepferdchen Hippocampus satomiae ist der Name nicht ganz so weit hergeholt: Das nur einen Zentimeter große Tier erhielt seinen Namen nach der Taucherin Satomi Onishi, die die Seepferdchen in der Nähe der Insel Derawan bei Borneo gesammelt hat.
Kleinste Schlange
 
Pennsylvania State University/Copyright S. Blair Hedges

Etwas größer als die Seepferdchen ist die Schlange Leptotyphlops carlae. Mit zehn Zentimetern Länge und der Stärke einer Spaghetti ist sie aber immer noch die kleinste bekannteste Schlange der Welt. Das Tier war jedoch kein unbekanntes: Alte Exemplare gab es bereits als Museumspräparate, die jedoch falsch klassifiziert wurden. Genetische Analysen im letzten Jahr ergaben, dass es sich um eine eigene Art handelt.
->   Kleinste Schlange der Welt ist dünn wie Spaghetti
Größtes Insekt
 
Phasmid Study Group/Phil Bragg

Einen anderen Rekord bricht Phobaeticus chani. Mit ausgestreckten Beinen ist die Stabschrecke über einen halben Meter lang. Auch Phobaeticus chani war schon mehrere Jahre bekannt; sie wurde 1989 auf Borneo entdeckt. Letztes Jahr wurde die Stabschrecke dann in der Fachzeitschrift "Zootaxa" zum größten Insekt der Welt erklärt.
Koffeinfreier Kaffee und Suizid-Palme
Würden Kaffeebohnen auch ohne Koffein darin wachsen, müssten Röstereien den Stoff für koffeinfreien Kaffee nicht entfernen. Manche Kaffesorten liefern koffeinarme oder -lose Bohnen aber auch frei Haus. Mit der in Kamerun gefundenen Kaffeestaude Coffea charrieriana wurde erstmals eine solche Art auch in Zentralafrika entdeckt.

Als zweite Pflanze findet sich in der Artenliste die Palme Tahina spectablilis. Die Pflanze blüht sich regelrecht zu Tode: Sie produziert Unmengen an Blüten. Nachdem die reifen Früchte abgefallen sind, stirbt die Pflanze. Von der Palme sind bis jetzt nur weniger als hundert Exemplare im Nordwesten Madagaskars bekannt. Die Menschen dort versuchen den Bestand zu schützen.
->   Neue Palmenart mit Super-Blüte
Geisterschnecke und Nemos Cousin
 
Bishop Museum/John Earle

Damit eine Art in die Liste der besten Zehn kommt, muss sie nicht unbedingt spektakuläre Ausmaße oder Lebensweisen annehmen. Die Geisternacktschnecke Selenochlamys ysbryda qualifizierte sich durch ihren Fundort: Sie wurde in einem dichtbesiedelten Gebiet in Darwins Heimatland gefunden - im walisischen Cardiff.

Als Cousin des Clownfisches Nemo bezeichnen die Wissenschaftler den Riffbarsch Chromis abyssus. Er war das taxonomische Neujahrsbaby - die erste im Jahr 2008 beschriebene Art. Er war auch der erste Eintrag in der neu gegründeten Internetdatenbank "Zoobank".

Die Datenbank der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur soll dazu dienen, das Wissen über neue Tiere bekannter zu machen. Sie wurde letztes Jahr gestartet, genau 250 Jahre nachdem Linne sein "Sytema naturae" veröffentlicht und damit den Grundstein für die wissenschaftliche Einordnung und Benennung von Lebewesen gelegt hat.
Ursprung der Schwangerschaft
 
Museum Victoria/John A. Long

Neu beschriebene Arten müssen nicht immer auch noch leben. Auch das Fossil Materpiscis attenboroughi wurde letztes Jahr erstmals beschrieben. Der Fisch gebar jedoch schon vor 380 Millionen Jahren lebende Junge, was damals unter Wirbeltieren noch neu war. Fossilien eines Muttertieres mit einem Embryo im Bauch wurden in Westaustralien gefunden. Benannt wurde der Fisch nach David Attenborough, dem englischen Fernsehmoderator von Natursendungen.
->   380 Mio. Jahre: Ältester Beweis für Trächtigkeit
->   John Long präsentiert M. attenboroughi
Schneckenhaus-Baumeister
World Wildlife Fund for Nature-Malaysia/Reuben Clements
Für ihre architektonische Meisterleistung wurde die knapp einen Millimeter kleine malaysische Schnecke Opisthostoma vermiculum ausgewählt. Sie baut ihr Schneckenhaus mit Windungen um vier Achsen.

Gemeinsam mit der Liste veröffentlicht das Institut für die Erforschung von Arten den Bericht "State of Observed Species". Im Jahr 2007 wurden demzufolge 18.516 neue Arten beschrieben - Pilze und Moose nicht inbegriffen. Mehr als die Hälfte der beschriebenen Arten sind Insekten. Der Bericht erschien heuer zum zweiten Mal und wird von mehreren wissenschaftlichen Institutionen sowie einer Fachzeitschrift herausgegeben.

Mark Hammer, science.ORF.at, 22.5.09
->   Die besten zehn der neuen Arten
->   Bericht
->   Zoobank
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->   Artenvielfalt schwindet in Rekordzeit
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01.01.2010