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Wie im Schlaf  
  Zu manchem Problem lässt sich die Lösung anscheinend erträumen. Die Schlafphase des Rapid Eye Movement (REM) hilft Menschen, kreative Aufgaben zu lösen.  
Schlaf: altbekannter Unbekannter
Die besten Ideen kommen oft dann, wenn man sie nicht aktiv sucht - vielleicht beim Tagträumen, vielleicht im Schlaf. Auch wenn Vieles rund um den Schlaf noch im wissenschaftlichen Dunkel liegt, so manche positive Wirkung wurde bereits erforscht: Man verarbeitet Erlerntes und Erlebtes; wer zu wenig schläft, erkältet sich leichter; und schlaflose Nächte können zu falschen Erinnerungen führen.

Nun haben Wissenschaftler eine angenehme Folge des Schlafes näher untersucht: Dass durch das Schlafen unsere Kreativität steigt, liegt vor allem an den REM-Phasen, wie Wissenschaftler um Denise J. Cai und Sara C. Mednick von der Universität Kalifornien in San Diego im Fachmagazin "PNAS" (online) schreiben.
Schlaf macht schlau
"Zum Lösen kreativer Aufgaben, an denen man länger arbeitet, hilft es, einfach Zeit vergehen zu lassen. Bei neuen Aufgaben erhöht REM-Schlaf die Kreativität", sagt Mednick. Die Rolle des Schlafs für die Kreativität und das Lösen von Problemen wurde bereits in früheren Studien beobachtet. Demnach dürfte Schlaf die assoziativen Netze im Gehirn verbessern und bisher unzusammenhängende Informationen integrieren. Bisher wurde jedoch nicht untersucht, welche Rolle bestimmte Schlafphasen dabei spielen.
Waches Rasten reicht nicht
Unklar war bisher auch, ob die positive Wirkung des Schlafes ihm selbst zugeschrieben werden kann, oder ob es einfach die Ruhe vor äußeren Einflüssen ist, die dem Gehirn auf die Sprünge hilft. Für ihre Studie haben Cai und Mednick daher genau diesen Aspekt beobachtet.

Die Versuchspersonen mussten am Vormittag und am Nachmittag jeweils einen ähnlichen Test durchführen. Alle Personen durften in der Mittagspause rasten. Doch während manche Versuchspersonen in der Mittagspause ein Nickerchen einlegen konnten, durften andere nur in einem ruhigen Raum mit Hintergrundmusik und ohne Gespräche liegen. Die Probanden schliefen zwischen zehn und 90 Minuten, manche davon mit und manche ohne REM-Phasen.

Nur die Gruppe mit REM-Phasen war nach der Ruhepause kreativer: Sie schnitten beim Lösen der Aufgabe um 40 Prozent besser ab. Als mögliche Ursache vermuten die Forscher eine Änderung im System der Neurotransmitter. Wie lange jemand geschlafen hat, hatte keinen Einfluss auf das danach folgende Testergebnis.
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Kreativität und Testmethode
Die Forscher stützen sich für ihre Studie auf die folgende Definition von Kreativität: "Das Formen assoziativer Elemente in neuen Kombinationen, die entweder bestimmte Anforderungen erfüllen oder irgendwie nützlich sind."

Der Test, den die Personen auszuführen hatten war ein sogenannter "Remote Associates Test" (RAT). Dabei werden den Probanden drei Wörter gezeigt und sie müssen ein zu allen passendes viertes finden (z.B. "Cookies", "Sixteen" und "Heart" - die Lösung dazu wäre "Sweet").
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Ohne Information geht nichts
REM-Schlaf wirkte im Experiment jedoch nur dann anregend auf die Kreativität, wenn vor dem Mittagsschlaf die gesuchte Lösung in einem anderen Zusammenhang in einer anderen Aufgabe aufgetaucht war. Ohne diese Hilfe schnitten auch die REM-Schläfer nicht besser ab.

Dass der spätere Erfolg aber nicht bloß dadurch zustande kam, dass die REM-Schläfer sich besser an die Lösung erinnerten, zeigte ein Vergleich der drei Gruppen. Alle konnten sich gleich gut an die scheinbar unabhängige Aufgabe erinnern. Doch nur die Schlafenden mit REM-Phase konnten den neuen Baustein nutzen und dieses Wissen später unbewusst in Kreativität umsetzen und den Test besser lösen.
Wie Kreativität funktioniert
Die Studienautoren beziehen sich auf Anekdoten, nach denen Wissenschaftler im Traum zu neuen Erkenntnissen gekommen sind oder Musiker Ideen für neue Stücke gefunden haben. Laut den Autoren läuft das kreative Lösen von Aufgaben in vier Stufen ab: Zunächst beschäftigt man sich intensiv, aber oft erfolglos mit dem neuen Problem. Dann entscheidet man sich, es zur Seite zu legen.

Die dritte Phase sei eine ruhende oder schlafende, in der man sich nicht bewusst mit der Aufgabe auseinandersetzt. Zuletzt käme der Geistesblitz - entweder im Schlaf oder während man gerade müßigen oder unproduktiven Gedanken nachgeht. Die Studie zeige, dass REM-Schlaf neue Informationen mit bestehenden verknüpft und so ein erweitertes Feld an Assoziationen für zukünftige Aufgaben schafft.

Mark Hammer, science.ORF.at, 9.6.09
->   Sara C. Mednick
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01.01.2010