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Verurteilt: Forscher unterschlug Affenschädel  
  Der deutsche Anthropologe Reiner Protsch von Zieten (70) hat jahrelang Affenschädel unterschlagen und Urkunden gefälscht. Am Freitag ist er deshalb zu eineinhalb Jahren Bewährungsstrafe verurteilt worden.  
Davon gelten sieben Monate wegen der langen Verfahrensdauer - die Anklage war bereits vor drei Jahren erhoben worden - als verbüßt. Das Landgericht Frankfurt sah den skandalumwitterten Wissenschaftler der Unterschlagung in acht, der Urkundenfälschung in zwei und der Urkundenunterdrückung in zwei Fällen für schuldig.

Mit der rechtskräftig gewordenen Verurteilung dürfte der Antrophologe seine Pensionsansprüche aus dreißigjähriger Tätigkeit für die Frankfurter Uni verlieren.
Ganze Sammlung zum Verkauf angeboten
Im Zentrum der Verurteilung stand die sogenannte PAN-Sammlung von 278 Schimpansenschädeln, die Protsch einem amerikanischen Kollegen zum Kauf angeboten hatte, obwohl sie ihm gar nicht gehörte und er keine Genehmigung der Universität eingeholt hatte.

Die Strafkammer wertete dies mit einer Einzelstrafe von alleine zehn Monaten. Darüber hinaus brachte sich Protsch in den Besitz etlicher wissenschaftlicher Bücher aus der Institutsbibliothek und manipulierte an 18 Primatenschädeln.
"Narzisstische Persönlichkeit"
Das pauschale Geständnis Protschs, mit dem der Prozessverlauf stark beschleunigt werden konnte, bezeichnete das Gericht als "schmal und ohne Reue".

Der "narzisstischen Persönlichkeit" des Wissenschaftlers sei es darum gegangen, mit "spektakulären wissenschaftlichen Ergebnissen" auf sich aufmerksam zu machen und damit der stiefmütterlichen Rolle seines Institutes entgegen zu steuern
Uni fehlte Kontrolle
Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages hatte ein psychiatrischer Sachverständiger auf die schwierige Kindheit des Angeklagten hingewiesen. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin ein Jahr und neun Monate Haft, die drei Verteidiger legten sich im Strafmaß nicht fest.

In ihren Plädoyers wurde allerdings auf die Rolle der Universität hingewiesen, in der über Jahrzehnte jegliche Kontrollmechanismen gefehlt hätten.

Auch das Gericht erinnerte im Urteil daran, dass es "dreißig Jahre lang gut gegangen ist", was Protsch getan habe. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung erklärten alle Beteiligen den Verzicht auf Rechtsmittel.

[science.ORF.at/dpa, 19.6.09]
->   Reiner Protsch (Wikipedia)
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Deutschland: Zahlreiche Steinzeit-Schädel falsch datiert
 
 
 
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01.01.2010