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Der kalte Mond und das Meer
Unterirdisches Leben auf Enceladus?
 
  Der eisige Saturnmond Enceladus ist in den letzten Jahren ins Zentrum der Planetenforschung gerückt. Der Grund dafür sind Spekulationen über das mögliche Vorkommen von flüssigem Wasser unter seiner Oberfläche - eine wichtige Voraussetzung für Leben.  
Theoretisch wäre es möglich, dass tief im Inneren des Mondes außerirdische Lebewesen existieren beziehungsweise existiert haben. Gleich zwei aktuelle Arbeiten untersuchen diese Hypothese und kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen.
Gezeiten und Eisfontänen
 
Bild: NASA

Enceladus hat einen Durchmesser von rund 500 Kilometern und zählt damit zu den kleineren Trabanten des Saturns. Dennoch bietet er für Astronomen ideale Forschungsbedingungen. Mehrere Vorbeiflüge der NASA/ESA-Raumsonde Cassini haben schon zahlreiche Details über die Beschaffenheit des Himmelskörpers zutage gebracht.

Sie zeigen: Enceladus ist sehr aktiv. Die Anziehungskraft des riesigen Saturns knetet ihn sozusagen durch, was ähnlich wie der Mond auf der Erde Gezeiten verursacht. Cassini war es auch, die 2005 die Eisvulkane am Südpol entdeckt hat, die mehrere hundert Kilometer hohe Fontänen von Wasserdampf und Eispartikeln ausstoßen. Sie speisen den äußeren Ring des Saturns, der viel diffuser und größer als seine Hauptringe ist.
->   Cassini-Projekt entdeckt "Boiler" in Saturn-Mond (31.8.05)
Mögliches außerirdisches Leben
Die chemischen Zusammensetzung der Schwaden ist von zentralem Forschungsinteresse: Nicht nur, weil sie einen Einblick in das Inneres eines Eismondes bieten, sondern weil genau dieses Innere einen möglichen Ort außerirdischen Lebens darstellt.

Denn dafür hat der unscheinbare Himmelskörper einige Voraussetzungen: Energie, eine geeignete Mixtur chemischer Elemente und vielleicht flüssiges Wasser. Die entscheidende Frage ist, ob die innere Hitze des Mondes ausreicht, einen Teil des Eises, aus dem er hauptsächlich besteht, zu schmelzen.
Auf der Suche nach Salzspuren
Ein guter Indikator für flüssiges Wasser ist Natrium, da es extrem wasserlöslich ist. Das heißt, Wasser des Enceladus, das mit dem salzigen Kern des Mondes in Kontakt gewesen ist, sollte viel Natriumsalze enthalten. Außerdem streuen die Salzteilchen Sonnenlicht recht effizient. Es lässt sich daher selbst in winzigen Mengen nachweisen.

Um Natrium nachzuweisen, haben die Forscher rund um Frank Postberg vom Max-Planck-Institut in Heidelberg die Eiskörner direkt untersucht ("Nature", Bd. 459, 25. Juni 2009 ), und zwar mit Hilfe des Staubanalysators CDA an Board der Cassini-Sonde.
Salzige Eiskörner
Dabei stellten sie fest, dass die Körner vor allem aus Wassereis bestehen, sechs Prozent davon sind aber ziemlich salzig. Sie enthalten bis zu zwei Prozent Natriumsalze, wie Kochsalz und Natriumcarbonat sowie Kaliumsalze.

"Vermutlich versprühen aufsteigende Gasblasen unter einem Vulkanschlot Salzwassertröpfchen, die gefrieren, während sie durch den Kanal an die Oberfläche transportiert werden", so Postberg.

Vermutlich stammen die Eispartikel aus einem Reservoir, das in Kontakt mit einem Meer zwischen Eiskruste und Gesteinskern steht. Das würde das viele Natrium erklären. Die anderen Partikel hingegen entstehen aus dem Wasserdampf oberhalb des Reservoirs und seien daher arm an Salzen.
Salz optisch nicht nachgewiesen
Auch eine Forschergruppe rund um Nicholas Schneider von der University of Colorado hat sich auf die Suche nach Salzspuren in den Eisfontänen gemacht, allerdings mit ganz anderen Methoden. Für ihre Studie ("Nature", Bd. 459, 25. Juni 2009 ) verwendeten sie Spektrographen eines Teleskops auf der Erde.

Die optischen Messungen fanden jedoch nur sehr geringe Natriummengen im Vergleich etwa mit dem Jupitermond Io oder unserem Mond.
Scheinbarer Widerspruch
Die Ergebnisse der beiden Studien sind aber nur scheinbar im Widerspruch, wie John Spencer vom Southwest Research Institut in Colorado in einem begleitenden Kommentar in derselben Ausgabe von "Nature" schreibt. Der Salzanteil sei auf jeden Fall zu gering, um von der Erde aus sichtbar zu sein.

Die naheliegende Erklärung für die gemessene Zusammensetzung der Teilchen ist laut Spencer tatsächlich, dass die Fontänen direkt aus flüssigem salzigem Wasser, also einem unterirdischen Meer, stammen.

Er hat aber auch einige Einwände gegenüber der einfachen Schlussfolgerung. Die Quelle könnte derzeit zu kalt sein für flüssiges Wasser. Vielleicht werden lediglich die salzhaltigen Körner von mittlerweile längst gefrorenen Salzdepots in der Kruste des Mondes freigesetzt. Ein echter Beweis für einen unterirdischen Ozean fehle noch.
Langsame Verdampfung
Sicher ist laut Spencer, dass das Wasser des vermuteten salzigen Ozeans nicht einfach direkt ins Vakuum verdampft. In diesem Fall hätten Schneider und sein Team mehr Salzspuren entdecken müssen.

Vermutlich läuft die Verdampfung langsamer ab, das würde erklären, warum so viel Salz zurückbleibt. Dabei würde das Wasser zuerst in unterirdischen Kammern verdampfen und dann in winzigen Mengen durch kleine Öffnungen in die von außen sichtbaren Fontänen entweichen.
Dunstige Eishöhlen
Jedenfalls spricht laut Spencer vieles dafür, dass sich unter der Oberfläche des Himmelskörpers dunstige Eishöhlen mit Becken und Kanälen voll salzigem Wasser befinden. Ob sich darin auch Leben in irgendeiner Form befindet, bleibt abzuwarten.

Allein bis nächstes Jahr wird Cassini noch viermal nahe an Enceladus vorbeifliegen und versuchen, mehr Licht in die Beschaffenheit dieses besonderen Mondes zu bringen.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 25.6.09
->   Enceladus (Wikipedia)
->   Nicholas Schneider
->   CDA Team (Max-Planck-Institut für Kernphysik)
->   John Spencer
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01.01.2010