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Agentur für wissenschaftliche Integrität startet  
  Was im Sport das Doping, sind in der Wissenschaft Fälschungen aller Art: Um Fehlverhalten und Plagiate in Österreich zu bekämpfen, nimmt nun die "Agentur für wissenschaftliche Integrität" ihre Arbeit auf.  
Erste Vorsitzende ihrer Kommission ist die deutsche Biowissenschaftlerin Ulrike Beisiegel, die seit 2007 Sprecherin des "Ombudsman (sic!) der Deutschen Forschungsgemeinschaft" (DFG) ist.

Aufgabe des Gremiums, dem fünf anerkannte Experten aus dem Ausland angehören, ist es, Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Österreich nachzugehen und zu bewerten.
Nicht-Österreicher sichern Objektivität
Unter dem Eindruck von Plagiatsfällen und mehreren Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, die auch international für Aufsehen sorgten, wurde die Agentur (AWI) im Vorjahr gegründet. Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) bezeichnete sie als "wichtigen Schritt zur Qualitätssicherung des Forschungsstandorts Österreich".

Dass ausschließlich ausländische Experten der Kommission angehören, räume alle Verdachtsmomente was etwa Netzwerke betreffe aus. Hahn geht davon aus, dass innerhalb eines Jahres alle Universitäten sowie größeren Forschungseinrichtungen und -förderer Mitglied der als Verein organisierten AWI sind.
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Einige Unis fehlen noch
Derzeit sind 15 Universitäten, die Akademie der Wissenschaften, das Institut of Science and Technology (IST) Austria, der Wissenschaftsfonds FWF und der Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds (WWTF) Mitglied der Agentur. Von den Universitäten fehlen u.a. die Technische Universität Wien sowie die Universitäten Innsbruck, Linz und Klagenfurt.
->   Agentur für wissenschaftliche Integrität
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Die Mitglieder
Der Kommission gehören Ulrike Beisiegel (Uni Hamburg) für den Bereich Lebenswissenschaften, Pieter Emmer (Uni Leiden) für Geisteswissenschaften, Paul Kleihues (Uni Zürich) für Medizin, Gerhard Wegner (Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz) für Natur- und Technik-Wissenschaften und Peter Weingart (Uni Bielefeld) für Sozialwissenschaften an. Nicht stimmberechtigtes, beratendes Mitglied ist Robert Rebhan vom Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Uni Wien.

Die Mitglieder haben bei der konstituierenden Sitzung am Mittwoch Beisiegel zur Vorsitzenden gewählt.
Beisiegel bezeichnete die Kommission aufgrund ihrer Interdisziplinarität als sehr gut zusammengesetzt.
Konsquenzen müssen Institutionen ziehen
Was das Gremium als wissenschaftliches Fehlverhalten betrachte, übernimmt die AWI aus einem Katalog der Uni Wien. Konsequenzen bei Fehlverhalten wird die Agentur keine ziehen, das bleibt den jeweiligen Institutionen, also etwa den Unis, Disziplinarkommissionen oder Gerichten vorbehalten. Für Beisiegel ist die Agentur deswegen aber nicht zahnlos, sie werde Empfehlungen abgeben und in Deutschland sei der DFG-Ombudsman durchaus eine Autorität.

"Wo so viele Forschungsleistungen erbracht werden und publiziert wird, wird es wissenschaftliches Fehlverhalten geben", macht sich der Rektor der Uni Wien, Georg Winckler, unter Hinweis auf die hohe Zahl an Forschern an seiner Uni (rund 6.000) keine falschen Illusionen.

Dabei reiche es nicht aus, solche Fälle nur intern zu behandeln, dies würde den Verdacht nähren, dass es aus Gründen falsch verstandener Kollegialität zu Vertuschungen komme. "Man muss auch nach Außen glaubwürdig mit wissenschaftlichen Fehlverhalten umgehen", so Winckler.
Bis zu 15 Fälle erwartbar
Ein "hohes Gut" ist für Beisiegel Vertraulichkeit, nicht nur zum Schutz von Informanten, sondern auch von Beschuldigten. Dennoch will die Kommission Beschuldigten gegenüber den Hinweisgeber nennen. Ob anonymen Hinweisen nachgegangen werde, sei eine "Frage der Nachvollziehbarkeit".

Zwei Mal im Jahr will die Kommission einen anonymisierten Bericht über ihre Arbeit herausgeben, mit Zahl und Art der Fälle, "um rückzuspiegeln, wo es Probleme gibt". Ausgehend von den rund 50 bis 60 Anfragen an den DFG-Ombudsman in Deutschland, aus denen dann rund 25 bis 30 Verfahren entstehen, rechnet Beisiegel mit rund zehn bis 15 Fällen in Österreich.

Viele Anfragen an die AWI seien aber kein schlechtes, sondern im Gegenteil ein exzellentes Zeichen, "weil die Wissenschafter die Selbstkontrolle ernst nehmen".

[science.ORF.at/APA, 25.6.09]
->   DFG Ombudsman
 
 
 
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01.01.2010