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Doch kein galaktischer Klimawandel  
  Manche Forscher sind der Ansicht, dass der Rhythmus der Eiszeiten von kosmischen Strahlen bestimmt wird. Eine neue Studie spricht nun gegen die galaktische Theorie des irdischen Klimawandels.  
Ein Ebenbild des Himmels
Dass sich das Klima im Verlauf Erdgeschichte mehrmals massiv gewandelt hat, wird von niemandem bestritten. Über die Ursachen dieser Änderungen sind die Fachleute allerdings noch uneins. Eine eher exotische Hypothese zu diesem Thema lautet: Der Wechsel zwischen Warm- und Eiszeiten könnte mit dem Aufbau unserer Galaxie, der Milchstraße, zu tun haben. Vor sechs Jahren veröffentlichten der israelische Physiker Nitr Shaviv und der slowakische Geologe Ján Veizer eine Arbeit, die das zu bestätigen schien.

Shaviv und Veizer berechneten, dass die Wanderung unseres Sonnensystems durch die Milchstraße nach einem bestimmten Muster vor sich geht. 140 Millionen Jahre dauert es demnach, bis Sonne, Erde und Mond in einen neuen Spiralarm der Galaxie gelangen. Rund 140 Millionen Jahre dauern auch die Variationen zweier irdischer Phänomene, wie Geologen wissen, nämlich das Kommen und Gehen der Eiszeiten sowie der (temperaturabhängige) Gehalt bestimmter Sauerstoffisotope in Fossilien.

Shaviv und Veizer vermuteten, dass ersteres die Ursache der letzteren sein müsse und verdächtigten als Urheber die erhöhte kosmische Strahlungsbelastung, die durch Supernovae im Inneren von Spiralarmen entsteht (GSA Today, Bd. 13, S. 4).
Strahlung macht Wolken
Das ganze schien umso plausibler, als der dänische Physiker Henrik Svensmark drei Jahre später eine recht simple Erklärung dafür vorschlug. Er wies darauf hin, dass kosmische Strahlen bei ihrer Passage durch die Atmosphäre Teilchen erzeugen, die wiederum die Bildung von Kondensationskeimen fördern könnten (Astronomische Nachrichten, Bd. 327, S. 866). Kondensation heißt Wolkenbildung, Wolken reflektieren bekanntlich das Sonnenlicht, damit war die Ursachenkette vom Himmel zur Erde geschlossen.
Widersprüche treten auf
Bild: Adrian Mellot et al.
Wanderung der Sonne durch die Galaxis
Beziehungsweise wäre gewesen, denn nun stört eine neue Studie das schlüssige Bild. Ein Team um Adrian Mellot von der University of Kansas hat ein Computermodell mit den neuesten Informationen über die Struktur der Milchstraße gefüttert und die Reise unseres Sonnensystems durch die Galaxie erneut berechnet. Von einem 140-Millionen-Jahre-Zyklus ist im neuen Modell weit und breit nichts zu sehen.

Der Grund: Früher ging man davon aus, die Milchstraße sei sehr symmetrisch gebaut. Messungen über die Verteilung von Kohlenmonoxid legen nun nahe, dass die Spiralen unserer Galaxis deutlich weniger regelmäßig angeordnet sind, womit eben auch die Reise der Erde ihren kosmischen Rhythmus verliert (siehe Bild rechts).
Hintertüre: Zweifel an der Studie
Zwar ist das genaue Tempo unseres Sonnensystems noch nicht bekannt - 220 Kilometer pro Sekunde (relativ zum Zentrum der Milchstraße) dürften ein realistischer Wert sein, wie Richard Schwarz vom Institut für Astronomie der Uni Wien im Gespräch mit science.ORF.at erklärt.

Etwaige Korrekturen an dieser Größe würden am Endergebnis jedoch nichts ändern, schreiben Mellot und Co. in ihrer noch unveröffentlichten Studie (Preprint). Die US-Astronomen haben die Erde im Modell mit den verschiedensten Geschwindigkeiten durch die rotierende Milchstraße fliegen lassen, die Passage der Spiralarme blieb in allen Fällen unregelmäßig - und fällt demnach als Erklärung der irdischen Klimarhythmen aus.

Henrik Svensmark sieht die Spiralzyklus-Theorie dennoch nicht am Ende. Sein Argument: Aus der Verteilung von Kohlenmonoxid auf die Struktur der Milchstraße zu schließen, sei eine unsichere Sache, das letzte Wort über Symmetrien daher noch nicht gesprochen. "Diese Arbeit ist für mich kein Grund, die Verbindung zwischen der Galaxienbewegung und dem Erdklima zu überdenken."

Robert Czepel, science.ORF.at, 30.6.09
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01.01.2010