News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Uni Wien: Gedenkbuch für NS-Opfer  
  Im Zuge der eigenen Vergangenheitsbewältigung widmet die größte Universität des Landes, die Uni Wien, den NS-Opfern nun ein Gedenkbuch. Eine Online-Version ist im Internet verfügbar.  
Immerhin wurden über 2.700 vorwiegend jüdische Angehörige der Universität Wien bei Machtübernahme des NS-Regimes 1938 aus "rassischen" und "politischen" Gründen entlassen und in der Folge vertrieben oder ermordet.

Davon waren Studierende und Lehrende betroffen wie auch Verwaltungsmitarbeiter und über 200 Absolventen, denen ihr akademischer Grad aberkannt wurde.
Prominente Opfer

So konnte etwa Alt-Bundeskanzler Bruno Kreisky laut Vermerk in der Online-Version nach längerer Unsicherheit, doch noch sein Studium abschließen und am 30. September 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich.

Dem Schriftsteller Stefan Zweig wurde "aus rassistischen Gründe" der Doktorgrad aberkannt wie auch dem Psychologen Bruno Bettelheim.

Zu den vertriebenen Studenten zähen etwa Kurt Elias und Maria Hertz-Levinson, zu den vertriebenen Lehrenden der Komponist Egon Wellesz (auch Doktorgradaberkennung) und die Psychologin Charlotte Bühler.
Mitverantwortung der Uni
Mit dem von Friedrich Stadler und Herbert Posch vom Forum Zeitgeschichte der Uni Wien erstellten "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" wolle man an dieses Unrecht erinnern.

Man sei sich "zugleich der Mitverantwortung für das unfassbare Leid bewusst, das den Angehörigen der Universität Wien damals zugefügt wurde", heißt es in der Präambel. Es wird im Denkmal Marpe Lanefesh, dem ehemaligen jüdischen Bethaus des Allgemeinen Krankenhauses, am Campus der Uni Wien aufbewahrt.
Kein abgeschlossenes Werk
Die Online-Datenbank umfasst derzeit rund 2.200 Namen von Betroffenen der Uni Wien - auch unter Einschluss der inzwischen selbstständig gewordenen großen Medizinischen Fakultät. Bisher konnten laut Uni Wien die Namen von 1.770 der rund 2.230 vertriebenen Studierenden festgestellt werden sowie die Namen der 234 Betroffenen von Aberkennungen akademischer Grade und rund 200 Namen von vertriebenen Professoren und Dozenten.

Mit der Online-Version des Gedenkbuches seien Namen und Biografien Betroffener weltweit einsehbar. Das Gedenkbuch sei kein abgeschlossenes Werk, sondern werde weiter ergänzt. "Es handelt sich hier um eine späte symbolische Initiative, die niemals beendet sein wird", heißt es in der Präambel.

[science.ORF.at/APA, 30.6.09]
->   Gedenkbuch online
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010