News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Genetisch konditionierte Reaktion von Bakterien  
  Nicht nur Mensch und Tier sind lernfähig, sondern auch Bakterien. Eine Art genetische Konditionierung eines bekannten Darmbakteriums haben israelische Forscher beobachtet.  
"Bakterien können ein zukünftiges Ereignis vorhersehen und sich darauf vorbereiten", schließen die Wissenschaftler des Weizmann Instituts.

Von Bedeutung sei die Lernfähigkeit für wiederkehrende Veränderungen der Umwelt, etwa bei der Passage der Mikroorganismen durch den menschlichen Darm.
Zwei Arten von Zucker
Es ist bekannt, dass Escherichia coli-Bakterien normalerweise den Darmtrakt hinunter wandern und dabei auf unterschiedliche Bedingungen stoßen. "Sie treffen insbesondere den Zuckertyp Laktose (Milchzucker, Anm.) an, auf den stets dann der zweite Zuckertyp Maltose (Malzzucker) folgt", so die Forscher um Yitzhak Pilpel.

Das Team prüfte daher die genetische Reaktionen des Bakteriums und fanden heraus, dass während der Aktivierung von Genen für die Laktose-Verdauung teilweise auch schon die Maltose-Verdauung anläuft - vergleichbar etwa dem "Pawlow'schen Hund", der auf ein bestimmtes Signal in Erwartung des Futters schon mit erhöhtem Speichelfluss reagiert.
Lernfähige Darmbakterien
Wenn sie die Reihenfolge der Zuckertypen versuchsweise im Experiment tauschten und den Mikroorganismen zuerst Maltose gaben, wurden die Laktose-Gene nicht automatisch aktiviert. Für die Forscher deutete das darauf hin, dass die E. coli "gelernt" hatte, sich nach der Laktose-Vorspeise auf Maltose einzustellen.

Als nächstes wurden Bakterien untersucht, die überhaupt nur in einem Umfeld von Laktose herangezüchtet wurden. Maltose kam nie ins Spiel. Tatsächlich hörten die Mikroben nach einigen Monaten auf, beim Kontakt mit der Laktose auch die Gene für die Maltose-Verdauung anzuwerfen. Erst wenn tatsächlich Malzzucker zugegeben wurde, lief die genetische Maschinerie wieder an.
Mittel für evolutionäre Anpassung
Pilpel und sein Team sind überzeugt, dass eine genetisch konditionierte Reaktion ein weit verbreitetes Mittel für eine evolutionäre Anpassung ist. Diese kann die Überlebenschancen der Organismen erhöhen.

Möglicherweise vollziehen sich ähnliche Vorgänge auch in den Zellen höherer Organismen, einschließlich des Menschen. Diese Forschungsbefunde könnten nicht zuletzt auch praktische Anwendungen haben.

So würden genetisch manipulierte Mikroorganismen zur Gärung von Pflanzenmaterial - etwa in der zur Biobrennstoffproduktion - effizienter arbeiten, wenn sie die genetischen Fähigkeiten hätten, sich auf die nächste Stufe im Prozess vorzubereiten.

[science.ORF.at/APA, 9.7.09]
->   Yitzhak Pilpel Lab, Weizmann Institute
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010