News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 
Mars in Moskau: Simulation ist zu Ende  
  Mehr als 100 Tage haben die sechs Teilnehmer einer simulierten Mars-Expedition in einem Raumschiffnachbau ausgeharrt. Nun haben sie wieder irdischen Boden unter den Füßen.  
"Ich muss zugeben, dass ich jegliche langfristige Wahrnehmung für Zeit verloren habe", schrieb der Deutsche Oliver Knickel kurz vor seinem Ausstieg aus dem Container-Komplex, in dem er mit Kollegen aus Frankreich und Russland abgeschottet von der Welt gelebt hatte.
Blumen für die Abenteurer
Um 12.00 Uhr MESZ öffnete ein Ingenieur auf dem Versuchsgelände in Moskau die Luke zum Isolationsmodul. Der 29-jährige Knickel, der Air-France-Pilot Cyrille Fournier, die beiden russischen Kosmonauten Oleg Artemjes und Sergej Rijasanski, der Arzt Alexej Baranow und der Sportmediziner Alexej Schpakow stiegen lächelnd aus dem Raumschiffnachbau.

Dort nahmen sie Blumen entgegen und posierten Arm in Arm. Die wie echte Astronauten in blauen Overalls gekleideten Männer schienen in guter körperlicher Verfassung zu sein.
Astronomisches Big Brother
Das Experiment sei ein Erfolg gewesen, sagte Rijasanski, der bei der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos arbeitet.

Die europäische Raumfahrtagentur ESA und das Russische Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP) wollten in Vorbereitung für einen ab 2035 geplanten Flug zum Roten Planeten zunächst in einem 550 Kubikmeter großen Container-Komplex auf der Erde testen, wie sich Menschen unter den extremen Bedingungen eines Weltraumflugs verhalten. Wie in der Fernsehserie "Big Brother" wurde das Leben der "Versuchskaninchen" deshalb genauestens beobachtet.
Beschleunigtes Zeitempfinden
Die Zeit an Bord des Raumschiffnachbaus verging für die Teilnehmer offenbar wie im Flug. "Mir erscheint es wie drei bis vier Wochen, aber der Kalender beweist, dass es 105 Tage waren", schrieb Knickel in seinem letzten Tagebucheintrag auf der Internetseite der ESA.

Als er Ende März mit seinen vier russischen und einem französischen Kollegen in das Modul gestiegen sei, habe "auf den Straßen noch Schnee und Eis gelegen". Dass es jetzt bereits Sommer sei, könne er kaum glauben, nachdem er dreieinhalb Monate kein Tageslicht gesehen habe.
WG mit vier Modulen
Bei dem Isolationsprojekt standen die sechs Astronauten in der "Weltraumkapsel" gerade einmal vier zylinderförmige Module zur Verfügung: Im Wohnbereich gab es neben den Schlafkojen ein Gemeinschaftszimmer, eine Küche und ein Bad. Hinzu kamen ein eigenes Medizin-Modul, ein Lager- und Sportraum sowie ein weiterer Container, mit dem eine Landung auf dem Mars simuliert werden sollte.

Wegen des Platzmangels war auch die Nahrung strikt kalkuliert; die einzig frische Kost kam aus einem kleinen Gewächshaus. Mit der "Bodenstation" konnten die Teilnehmer wie bei einem echten Marsflug nur mit rund 20-minütiger Zeitverzögerung über Funk Kontakt aufnehmen.

Im Frühjahr 2010 wollen ESA und IBMP ihrem Projekt einer bemannten Mars-Mission näher kommen: Dann soll eine andere Crew ein noch längeres Isolationsexperiment von 520 Tagen beginnen - das entspräche einem Hin- und Rückflug zum Mars einschließlich 30 Tagen Aufenthalt.

[science.ORF.at/APA/AFP, 14.7.09]
->   Mars 500 - ESA
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010