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Studie: Die ersten Tiere lebten im See  
  Schon lang bevor sich die ersten Lebewesen auf fester Erde bewegt haben, gab es frühes Leben im Wasser - nämlich im Meer. Das dachte man zumindest bis jetzt. Einer aktuellen Studie zufolge könnte aber auch ein See die Heimstatt der ersten Tiere gewesen sein.  
Darauf deuten die geologischen Analysen einer bedeutenden fossilen Lagerstätte in China.
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Die Studie "Mineralogical constraints on the paleoenvironments of the Ediacaran Doushantuo Formation" von Thomas F. Bristow et al. ist in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (28. Juli 2009, DOI: 10.1073/pnas.0901080106) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie (sobald online)
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Der Beginn des sichtbaren Lebens
 
Bild: PNAS, M. Kennedy, UC Riverside

Die Doushantuo Formation liegt in der Provinz Guizhou im Südwesten von China. Sie zählt zu den wichtigsten fossilen Lagerstätten, die einige der ältesten gut erhaltenen tierischen Fossilien birgt, zum Teil sind diese bis zu 600 Millionen Jahre alt.

Die meisten davon sind vermutlich keine Fossilen von ausgewachsenen Lebewesen, sondern lediglich Zellkumpen. Laut Ansicht der Forscher rund um Thomas F. Bristow vom Department of Earth Sciences der University of California ein Zeichen dafür, dass sich die Lebewesen zur Zeit ihrer Versteinerung noch im Embryonalstadium befanden.

Die Fundstätte ist laut Forschern deshalb besonders interessant, da sie den Übergang zum Phanerozoikum dokumentiert, also dem Beginn allen sichtbaren Lebens. Erdgeschichtlich betrachtet kam es kurze Zeit später zur kambrischen Explosion, bei der sich alle Lebensformen schlagartig vermehrten.
Ungewöhnliche Gesteinszusammensetzung
Für ihre aktuelle Studie sammelten die Geologen hunderte Gesteinsproben und führten mineralogische und geochemische Analysen durch. Die erste überraschende Entdeckung war laut Bristow das reichliche Vorkommen des Tonminerals Smectit. "In Steinen dieses Alters hat sich das Smectit meist in andere Arten von Tonmineralen umgewandelt", so der Forscher. Nicht so in dieser Lagerstätte.

Dafür sind aber laut den Wissenschaftlern die geeigneten chemischen Bedingungen notwendig, und zwar genau solche, wie sie in salzigen, alkalischen Seen herrschen.
Leben im See
Jedenfalls ist dieser Gesteinstypus laut ihren Analysen nicht kompatibel mit Meereswasser. Außerdem hätten sie Smectit insgesamt nur an wenigen Orten in Südchina gefunden und nicht flächendeckend, was bei maritimen Ablagerungen der Fall sein müsste.

Das alles deutet laut den Forschern darauf hin, dass die Steine, in denen sich die fossilen Einlagerungen befinden, keine Meeressedimente sind. Das wiederum legt nahe, dass diese frühen Tiere in einem See gelebt haben.
Instabile Umwelt
"Das Leben in Seen unterscheidet sich grundlegend vom Meeresleben, zumindest heute", so Martin Kennedy, einer der Studienautoren. Meere seien viel stabilere und konsistentere Lebensräume als Seen, die evolutionär gesehen eher kurzlebige Eigenschaften besitzen.

Deshalb ist es laut den Wissenschaftlern besonders erstaunlich, dass sich ausgerechnet in dieser Umgebung Spuren des frühesten Lebens finden.
Neuer Blick auf die Anfänge
Die Forscher räumen zwar ein, dass es natürlich gleichzeitig oder früher auch Lebewesen in den Meeren gegeben haben kann. Dennoch werfen die Ergebnisse ein neues Licht auf die Anfänge der tierischen Evolution.

"Die Lebensräume dieser frühen Wesen waren demnach vermutlich vielgestaltiger als man bisher angenommen hat", so Kennedy. Sollte die Tierwelt tatsächlich ihren Ursprung im See haben, heißt das laut den Forschern vielleicht auch, dass diese Gewässer die dafür optimalen Bedingungen geliefert haben. Jedenfalls sei ihre relative Kleinheit und Abgeschlossenheit im Vergleich zum offenen Meer sicher nicht ohne Folgen für die Evolution geblieben.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 28.7.09
->   Thomas F. Bristow
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01.01.2010