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Auf den Spuren von Venedigs Vorläufer  
  Einige Kilometer nördlich von Venedig lag eine römische Stadt, deren Bewohner später Venedig gegründet haben dürften. Nun haben Geografen die Struktur der Siedlung zum ersten Mal mit Luftbildern sichtbar gemacht.  
Zwischen dem heutigen Badeort Jesolo und dem Marco Polo Flughafen Venedigs kreuzten sich vor 2.000 Jahren zwei römische Handelsstraßen: Die Via Annia verlief entlang der Adria, die abzweigende Via Claudia Augusta verband das heutige Bayern mit Norditalien.

An jenem Knotenpunkt lag die römische Stadt Altinum. Ein breiter Kanal durchzog die Siedlung, Schiffe legten am Hafen an der Lagune an, die Menschen trafen sich im Forum, in Tempeln und Basiliken, besuchten das Theater und genossen Musik im Odeon.
Stadt an der Lagune
 
Bild: A. Ninfo / Universit¿t Padua

Lage Altinums an der Lagune von Venedig.

Bekannt ist die Stadt schon länger, doch jetzt liefern Wissenschaftler um Andrea Ninfo von der Universität Padua mit Luftaufnahmen erstmals ein umfassendes Bild der städtischen Struktur, wie sie in der Fachzeitschrift "Science" schreiben (2009, Bd. 325, S. 577, sobald online).
Schöne Küste, protzige Villen
Bild: Science/AAAS
Ein Ausschnitt der Karte der Stadt Altinum mit Theatern, Basiliken, Stadttoren und dem zentralen Kanal.
Die Fotos zeigen das Straßennetz, Stadtmauern und Tore sowie Monumentalbauten, die vermutlich während der Blütezeit der Stadt in den 100 Jahren vor und nach Christi Geburt entstanden sind.

Besiedelt wurde die Region aber nicht erst durch die Römer: Die ältesten Funde reichen bis in das siebente Jahrhundert v. Chr. zurück.

Richtig aufgeblüht dürfte die Siedlung jedoch erst sein, als im Jahr 131. v. Chr. die Via Annia angelegt wurde.

Antike Autoren wie zum Beispiel der Geograf Strabon beschreiben die Lage der Stadt an der Lagune und lobten die Schönheit der Küste sowie den Prunk der Villen.
Fliehende Bewohner, versinkende Stadtteile
Im zweiten Jahrhundert n. Chr. beginnt in der Region jedoch ein wirtschaftlicher Abschwung, im Jahr 452 erobert Attila die Stadt. Nach weiteren Invasionen verlassen die Bewohner die Siedlung im siebenten Jahrhundert endgültig. Sie lassen sich auf der vorgelagerten Laguneninsel Torcello nieder und gründen später Venedig.

Zum Bau von Venedigs Palästen und Kirchen bedienten sich Menschen dann der Ruinen Altinums und transportieren Steine und Ziegel ab. Das ansteigende Meer überflutet zudem später Teile der früheren Stadt.
Dürre hilft der Wissenschaft
 
Bild: Science/AAAS

Falschfarbenbild, in dem Wasserwege, Gebäude und Straßen sichtbar werden.

Für die aktuellen Aufnahmen kam den Forschern die Dürre im Sommer 2007 zugute, wie sie in ihrem Beitrag in "Science" schreiben. Sie nutzen für die Fotos kurzwelliges Infrarotlicht (nahes Infrarot - NIR), das die Gesundheit der Vegetation abbildet. Dabei zeigten die in der Region unter Wassermangel leidenden Kukuruz- und Sojapflanzen die unter dem Boden liegenden Strukturen besonders deutlich. Die Aufnahmen haben die Wissenschaftler auch zu einem Video zusammengefügt.
->   Video
Bekannt war die Siedlung jedoch schon seit einiger Zeit: Sporadisch untersucht wurde sie bereits im 19. Jahrhundert, in den letzten Jahren fanden an vereinzelten Stellen auch Ausgrabungen statt. Die urbane Struktur war bisher jedoch weitgehend unbekannt.

Dabei hat Altinum durchaus etwas Besonderes an sich: Es war die einzige große römische Stadt in Norditalien und ist eine der wenigen antiken Städte in Europa, deren Überreste nicht unter ihren späteren mittelalterlichen oder modernen Nachfolgern liegen.

Mark Hammer, science.ORF.at, 31.7.09
->   Altinum in der Princeton Encyclopedia of Classical Sites
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Infrarotaufnahmen machen antike Städte sichtbar
->   In Venedig wird versunkene Insel freigelegt
 
 
 
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01.01.2010