News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Sex hilft Schnecken gegen Parasiten  
  Laut Forschern bringt die sexuelle Vermehrung Schnecken langfristig Vorteile gegen Parasiten. Das wäre eine Erklärung, warum sich die Tiere mit Sex abmühen, anstatt sich nur asexuell fortzupflanzen.  
Viele Pflanzen, Mikroben und einige Reptilien vermehren sich laut den Forschern rund um den Evolutionsbiologe Jukka Jokela vom Schweizer Wasser-Forschungsinstitut Eawag auch ohne Sex - was auf den ersten Blick effizienter scheint, denn so müssten sich nicht erst zwei Individuen finden, von denen dann nur eines Nachwuchs hervorbringt.

Trotzdem sei die sexuelle Vermehrung die dominierende Strategie. Und dies, obwohl die asexuelle Fortpflanzung eine doppelt so hohe Vermehrungsrate zulasse und Komplikationen vermeide.
Fortpflanzungsart von Umgebung abhängig
Nun hat Jokela gemeinsam mit US-amerikanischen Forschern an Schnecken einen Vorteil von Sex nachgewiesen. Jokela untersucht seit 20 Jahren Wasserschnecken, darunter die Neuseeländische Deckelschnecke Potamopyrgus antipodarum, die um 1850 mit Fischen nach Europa verschleppt worden ist und seither hier lebt.

Die nur fünf Millimeter kleine Schnecke vermehrt sich in Neuseeland sowohl sexuell als auch asexuell, in Europa nur asexuell. Bei letzterer bringen Weibchen Klone ihrer selbst hervor.
Klone sind anfälliger
Bild: eawag
Potamopyrgus antipodarum
Jokela und sein Team haben nun Populationen der kleinen Schnecke mit besonderem Augenmerk auf den Parasitenbefall untersucht.

Dabei zeigte sich, dass es bei den sich sexuell vermehrenden Populationen jahrelang zu keinen größeren Schwankungen der Zahl der Tiere kam.

Bei den asexuellen Populationen hingegen wurden innerhalb weniger Jahre anfangs häufige Klonlinien von anderen abgelöst: Die anfänglichen Gewinner, die Asexuellen, waren besonders anfällig für Parasiten geworden.
Evolutionärer Vorteil
Laut den Forschern wurde dieses Muster zwar schon in mathematischen Modellen vorausgesagt. Jokelas Forscherteam ist jetzt aber erstmals gelungen, dieses Muster in der Natur nachzuweisen (The American Naturalist, Juli 2009)

. "Sexuelle Fortpflanzung bringt also einen Vorteil in der Evolution, vor allem dort, wo viele Parasiten vorhanden sind", so Jokela.

Dies könnte auch erklären, warum in Europa schon beobachtet wurde, wie die Schneckenart zuerst massenhaft auftauchte und die Population dann plötzlich zusammenbrach. So fanden sich laut Eawag im Bodensee in den 1970er Jahren bis zu 100.000 Exemplare pro Quadratmeter. Heute hingegen sei die Schnecke zwar überall präsent, aber nirgends dominant.

[science.ORF.at/APA/AP, 31.7.09]
->   Jukka Jokela
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010